Der Rothwald:
Österreichs letzter Urwald

Tropen, Amazonas und das Dschungelbuch: Daran denken wir bei dem Wort „Urwald“. Doch auch in Niederösterreich schlummert ein Stück unberührter Natur.

Alte Eibe, Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal
Hans Glader

Alte Eibe, Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal

Kulturwald, Naturwald, Urwald

Fast die Hälfte Österreichs ist von Wald bedeckt. Und Wald zählen wir im Allgemeinen zur Natur. Doch so schön, wichtig und einzigartig Österreichs Wälder sind – sie sind zu einem großen Teil „Kulturwälder“, sind das „Produkt“ jahrhundertelanger Pflege und Nutzung durch den Menschen.

Als „natürliche Wälder” werden Wälder bezeichnet, die seit langer Zeit von menschlichen Einflüssen unberührt blieben. Sie sind in Österreich auf nur drei Prozent der Waldfläche zu finden. Echten  Urwald, auch „Primärwald” gibt es auf noch weniger Fläche. Als Urwald gilt Wald, der seit der letzten Eiszeit von menschlichen Einfluss unberührt geblieben ist. Meist gibt es nur sehr kleine Urwaldreste an schwer erreichbaren Orten beispielsweise an Steilhängen. Natürliche Wälder und Urwälder verfügen über eine besonders große Vielfalt an Pfanzen und Tierarten.

UNESCO-Weltnaturerbe

Der Urwald im Rothwald ist bei Weitem der größte in Österreich. Er ist aber tatsächlich nicht ganz der  letzte und einzige Urwald des Landes. Es gibt auch noch einige wenige andere Flecken mit „Urwald-Status“.

Der vier Quadratkilometer oder 400 Hektar große Rothwald ist ein Teil des Wildnisgebiets Dürrenstein-Lassingtal an der Grenze zwischen Niederösterreich und der Steiermark – westlich von Maria Zell. Der „Urwald Rothwald“ ist wiederum das Kernstück und der ursprünglichste Teil des Rothwalds. Seine Waldfläche ist ausschließlich von der Natur geprägt. Hier gabe es seit der letzten Eiszeit weder Brandrodung und Abholzung noch neue Pflanzungen. Einige Bäume sind bereits über 1.000 Jahre alt. „Es ist der einzige echte Urwald der Ostalpen“, schreibt der WWF (World Wildlife Fund)

Das Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal mit dem Urwald Rothwald wurde 2017 gemeinsam mit Teilen des Nationalparks Kalkalpen und anderen Wäldern zum „UNESCO-Weltnaturerbe Buchenurwälder und Alte Buchenwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“ ernannt. Dieses Weltnaturerbe ist in 18 Ländern zu Hause. Unter anderem eben auch im Südwesten Niederösterreichs.

Wie blieb der Rothwald ein Urwald?

Eine Mischung aus abgelegener Lage, wechselnden Besitzverhältnissen und Grenzstreitigkeiten führte dazu, dass der Rothwald nie forstwirtschaftlich genutzt wurde. Im Jahr 1875 kaufte die Familie Rothschild (ja, die bekannte Bankiersfamilie) den Wald. Albert Rothschild ließ den Wald daraufhin völlig unberührt, um ihn zu schützen und für die Nachwelt zu erhalten. Der Namen Rothwald hat aber nichts mit dem Familiennamen zu tun, den gab es aber schon vorher. Erst 2019 endete die Ära Rothschild und der Besitz wurde an die Industriellenfamilie Prinzhorn verkauft.

Urwald Rothwald, Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal
Theo Kust

Urwald Rothwald, Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal

Habichtskauz und Steinadler

Die große Menge an Totholz und die alten Baumbestände in diesem unberührten Stück Natur bieten bieten Lebensräume für eine einzigartige Flora und Fauna.

Im Rothwald tummeln sich Rothirsche, Wildschweine, Gämse und Schneehasen und Luchse; durchs Unterholz kriechen Bergmolche, Alpensalamander, Kreuzottern. Und am Himmel sind Habichtskauze, das Alpenschneehuhn und sogar der seltene Steinadler zu beobachten.

Eingeschränkter Besuch

Doch das Beobachten ist gar nicht so einfach, denn das Wildnisgebiet ist streng geschützt. Es darf nur auf gekennzeichneten Wegen begangen werden. Abseites dieser Wege ist es nur zu wissenschaftlichen Zwecken oder im Rahmen von geführten Wanderungen zugänglich. Im Rahmen einer solchen geführten Wanderung hast du die Möglichkeit, diese heimische Wildnis hautnah zu erleben. Auch im „Haus der Wildnis” in Lunz am See erhältst du einen Einlick in den Urwald.

Blick ins Lassingtal aus dem Wildnisgebiet
Reinhard Pekny

Blick ins Lassingtal aus dem Wildnisgebiet

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Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal

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