Schnee ade -
der Winter im Klimawandel

Der Klimawandel wirkt sich auch auf die Winter in Österreich aus. Ohne globale Anstrengungen werden die Tage mit geschlossener Schneedecke rar.

Winter in Österreich, wie er sein soll

Winter in Österreich, wie er sein soll

Im Jänner und Februar ist in Österreich Hochsaison für Wintersportler und andere Schneeliebhaber aus dem In- und Ausland. Aber wie lange noch? Der Klimawandel heizt die Erde auf. In Österreich ist die Durchschnittstemperatur seit dem Beginn der Industrialisierung bereits um rund 2 Grad Celsius gestiegen, wie Daten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) zeigen. Das wirkt sich auf die Schneelagen aus – und damit auch auf den Wintertourismus und die Wirtschaft, die in Österreich besonders stark vom Fremdenverkehr abhängig ist.

Bereits 40 weniger Schneetage pro Winter

„Über die gesamte Fläche und alle Höhenlagen Österreichs gemittelt, hat die Dauer von Schneedecken seit 1961 um 40 Tage abgenommen. Die Auswertung nach unterschiedlichen Höhenlagen ergibt besonders starke Abnahmen unterhalb von 1500 Meter Seehöhe.“ Das sagte Andreas Gobiet von der ZAMG im Februar 2022 zum Abschluss des von ihm geleiteten Projekts „Future Snow Cover Evolution in Austria” (FuSE-AT). Drei Jahre lang hatte die ZAMG zusammen mit der Universität Innsbruck, dem Climate Change Centre Austria und dem Schneezentrum Tirol Datensätze gesammelt, um die Entwicklung der Schneelage in Österreich seit 1961 sowie für drei unterschiedliche Klimaszenarien bis zum Jahr 2100 darstellen zu können. Natürlich schwanke die Schneemenge von Jahr zu Jahr und je nach Region stark, so Gobiet. Es gebe sogar mehrjährige Perioden mit mehr oder weniger Schnee. Doch die Studienergebnisse zeigten eindeutig: Langfristig hängt die Schneelage stark vom Temperaturniveau ab und damit vom Ausmaß der Klimaerwärmung durch den menschlich verursachten Treibhauseffekt.

Direkter Zusammenhang mit Klimaschutz

Skipiste nur mit Kunstschnee

Skipiste nur mit Kunstschnee

Auch die Zukunftsszenarien der FuSE-AT-Wissenschaftler sind erschreckend: Ohne wirksamen globalen Klimaschutz erhöhe sich die Durchschnittstemperatur in Österreich bis zum Jahr 2100 um 4 Grad Celsius. Die Zahl der Tage mit geschlossener Schneedecke werde in diesem Fall in tiefen Lagen (bis 400 Meter über dem Meeresspiegel) um 90 Prozent abnehmen. Dann gebe es hier in einem durchschnittlichen Winter nur noch zwei statt 16 solcher Tage. In Lagen um 1000 Meter erwarten die Forschenden einen Rückgang um 70 Prozent: von 100 auf 30 Tage mit geschlossener Schneedecke. In Regionen von 1500 bis 2500 Metern über dem Meeresspiegel, also den Hauptgebieten für den Wintersport, könnte die Dauer der natürlichen Schneedecke bis 2100 um 25 Prozent abnehmen. Pro Winter seien dann rund 160 statt 210 schneebedeckte Tage wahrscheinlich. „Alle Zukunftsszenarien von FuSE-AT zeigen einheitlich: Die weitere Entwicklung der Schneelage in Österreich hängt direkt mit dem globalen Klimaschutz zusammen“, so Projektleiter Gobiet.

Verkürzung der Schneesaison unausweichlich

Doch auch bei Einhaltung der Pariser Klimaschutzziele und einer Begrenzung der Erderwärmung auf maximal 2 Grad Celsius werden die Tage mit einer geschlossenen Schneedecke weniger, allerdings nicht so drastisch: In tiefen Lagen nimmt deren Zahl „nur“ um 50 Prozent ab, in Lagen um 1000 Meter um 25 Prozent, in den Wintersportgebieten um zehn Prozent. Vor allem in den tiefen und mittleren Lagen dürfte Skifahren in den nächsten Jahrzehnten also schwieriger werden. „Bis etwa 2050 müssen wir auf jeden Fall noch mit etwa einem Grad weiterer Erwärmung rechnen. Und das bedeutet in etwa noch einmal drei, vier Wochen Verkürzung der Schneesaison“, so Gobiet gegenüber dem ORF.

Die Gletscher verschwinden

Blick auf den Pasterzegletscher im Nationalpark Hohe Tauern

Blick auf den Pasterzegletscher im Nationalpark Hohe Tauern

Bei den österreichischen Gletschern, ebenfalls beliebte Wintersportgebiete, sieht es ebenfalls nicht gut aus. Gegen Ende des 21. Jahrhunderts wird laut ZAMG nur noch wenig vom einst ewigen Eis zu sehen sein. Auf der Pasterze, mit mehr als acht Kilometer Länge Österreichs größter Gletscher, hat die Eisdicke alleine im Jahr 2022 selbst oberhalb von 3000 Metern im Mittel um 3,7 Meter abgenommen. Die starken Schmelzraten lassen eine baldige Trennung zwischen oberem und unterem Teil der Pasterze erwarten. „Danach kann der obere Teil der Pasterze nicht mehr für Nachschub im unteren Teil sorgen. Der untere Teil der Pasterze gilt dann als Toteis“, sagt Gletscherexpertin Marion Greilinger. Einige kleinere Gletscher haben sich bereits in Toteis verwandelt, das nicht mehr mit dem aktiven Gletscher verbunden ist. Als Folge davon bewegt es sich auch nicht mehr, verliert also das, was einen Gletscher mit ausmacht.

Kunstschnee: Rettung oder Klimasünder?

Ohne Kunstschnee geht es schon heute kaum noch. Aktuell gibt es nach Schätzungen des Tiroler Skitourismus-Forschers Günther Aigner in Österreich 33.000 Schneekanonen. Zum Vergleich: 2007 waren es rund 3.100 auf allen Pisten in ganz Europa. „Wir hätten im Winter 2020/21 ohne Maschinenschnee die Saison nicht eröffnen können“ so Franz Schenner, Sprecher der „Allianz Zukunft Winter“, in der sich Interessenvertreter des Wintertourismus zusammengeschlossen haben. Liftbetreiber und Gemeinden haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten viel Geld in derartige Anlagen und die dafür nötige Infrastruktur wie den Bau von Speicherteichen investiert. Doch auch auf die künstliche Beschneiung wirken sich die steigenden Temperaturen negativ aus: Sie wird technisch aufwendiger und damit kostspieliger. Zudem sieht ihre Umweltbilanz nicht gut aus: Obwohl die Schneemaschinen effizienter geworden sind, benötigen sie immer noch sehr viel Wasser und Energie. Um alle infrage kommenden Pisten in Österreich (insgesamt 16.590 Hektar) in einer Saison künstlich zu beschneien, verbrauchen sie 249 bis 290 Gigawattstunden Strom. Das entspricht in etwa dem jährlichen Energieverbrauch von 67.500 Einfamilienhaushalten. Der Wasserbedarf für den Kunstschnee liegt pro Saison bei etwa 50 Millionen Kubikmetern.

Zielgenauere Schneekanonen

Schneekanonen verbrauchen viel Wasser und Energie

Schneekanonen verbrauchen viel Wasser und Energie

Es wird bereits versucht, Schneekanonen umweltfreundlicher zu machen. Zum Beispiel hat das Innsbrucker Start-up Lumiosys die SoftwareSchneeprophet entwickelt, die mithilfe von Wetterprognosen, Schneehöhen- und Wetterstationsmessungen sowie Beschneiungsdaten aus dem jeweiligen Skigebiet die Pistenverhältnisse simuliert. Dadurch sollen die Betreiber den Einsatz der Schneemaschinen optimal und damit ressourcensparend planen können. Stromeinsparungen zwischen fünf und zehn Prozent, in manchen Fällen sogar bis zu 40 Prozent sind laut Lumiosys möglich. Im Winter 2021/22 wurde die Software in zwei Skigebieten, im Vorarlberger Gargellen und im Tiroler Lienz, bei Pilotprojekten getestet. Demnächst soll sie auf den Markt kommen.