Auf dem Weg nach Marathon

Ein Marathonlauf ist eine Grenzerfahrung: 42 Kilometer und ein paar Zerquetschte laufen am Stück. Immer mehr Menschen wollen es versuchen. Für Lauf-Coach Philipp Witibschlager gehören diese 11 Punkte zur optimalen Vorbereitung.

Marathonläufe gehören für eine Metropole zum guten Ton: Vienna City Marathon,
©Wien Marathon

Marathonläufe gehören für eine Metropole zum guten Ton: Vienna City Marathon,

Der Marathonlauf, seit 1896 olympische Disziplin, ist längst zum Breitensport geworden. Marathonläufe in Metropolen wie Wien, Berlin, London oder New York sind internationale Großereignisse. Zum Wien-Marathon 2023 meldeten sich mehr als 35.000 Teilnehmer an. In diesem Jahr finden sie wieder statt, so zum Beispiel in Wien am 21. April 2024, am 7. April 2024  in Linz, der Salzburgmarathon findet am 12. Mai statt und in Graz traditionell im Herbst (13. Oktober).  42 Kilometer laufen – warum tut man sich das an? Eine Teilnahme ist eine Herausforderung. Doch Menschen, die einigermaßen gesund sind, können sie bestehen. Voraussetzung: rechtzeitige Vorbereitung und diszipliniertes Training. Wer es bis zum Ziel schafft, erlebt einen Schub fürs Selbstbewusstsein und profitiert dauerhaft von der erzielten körperlichen Fitness. Für alle, egal ob Anfänger, ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen, gilt: Bevor man an eine Teilnahme an einem Marathon denkt, sollte man sich unbedingt einem sportmedizinischen Gesundheitscheck unterziehen. Solchen wie den Sporttauglichkeitstestungen am Österreichischen Institut für Sportmedizin.

Du willst dich der Marathon-Herausforderung stellen? Dann hat der Laufexperte Philipp Witibschlager 11 Punkte für dich, die du unbedingt beachten solltest. Wie immer gilt: Hör auf dich und deinen Körper! Wenn dir was wehtut, mach nicht weiter. Wenn dir irgendeine Ernährungsweise oder ein Tipp, die dir überall empfohlen werden, nicht taugt, dann probiere was anderes!

1. Rechtzeitig anfangen

Bevor du mit dem intensiven Training beginnst, solltest du schon mindestens ein Jahr regelmäßig gelaufen sein. Mit dem Vorbereitungstraining beginnst du vier bis sechs Monate vor dem Lauf.

2. Ausreichend Schlaf

 

Der Vienna City Marathon, der größte Marathon Österreichs, findet seit 1984 statt.

Der Vienna City Marathon, der größte Marathon Österreichs, findet seit 1984 statt.

Schlafe in der Trainingszeit mindestens zwei Stunden mehr als im Normalfall. Zwischen deinem Lauftraining und dem Zubettgehen sollten mindestens zwei bis drei Stunden liegen.

3. Ruhetage

Viele machen den Fehler, zu schnell zu viel zu wollen und sich zu überanstrengen. Ruhetage sind wichtig, damit du dich nicht übernimmst oder dir Verletzungen zuziehst. Verzichte an zwei Tagen in der Woche aufs Laufen und gönne dir vor allem nach längeren und härteren Läufen einen Ruhetag.

4. Start mit Plan

Zur Vorbereitung gehören drei bis vier Läufe in der Woche.
©tara-glaser/unsplash

Zur Vorbereitung gehören drei bis vier Läufe in der Woche.

Erstelle einen Trainingsplan. Du startest zunächst mit geringer Intensität und schraubst deine Leistung kontinuierlich nach oben, bis zwei bis drei Wochen vor dem Marathon, wo du deine Laufintensität deutlich senkst. In den ersten zwei bis drei Monaten startest du mit zwei leichten Läufen pro Woche von 30 - 40 Minuten und einem längeren leichten Lauf am Wochenende. Bei dem längeren Lauf beginnst du bei 40 Minuten und fügst dann jede Woche 10 Minuten hinzu, bis du 80 Minuten erreichst. Dann halte dich an die Distanzen und füge jede Woche einen Kilometer hinzu. Baue einen vierten Lauftag ein. Versuche über einen gewissen Zeitraum oder eine Strecke dein gewünschtes Marathon-Tempo zu halten. Zur Abwechslung kannst du auch andere Ausdauersportarten wie Schwimmen, Radfahren oder Stepper und Crosstrainer im Sportstudio in dein Training einbauen. Und du solltest auch etwas Krafttraining für den gesamten Körper einbauen: Das ist nicht nur gesund, sondern bringt auch Laufleistung. Dazu musst du nicht ins Fitnessstudio, Training mit deinem eigenen Körpergewicht auf einer Matte in deinem Zimmer ist völlig ausreichend. Diese Angaben sind aber nur ungefähre Richtwerte. Detaillierte Pläne, die an die eigenen Ziele angepasst sind, sind absolut zu empfehlen. Gute Quellen dazu sind beispielsweise Lauftipps.ch oder auch Marquardt Running. Oder eben der persönliche Lauf-Coach. 

Auch wenn die meisten Marathons auf Asphalt gelaufen werden: Lauf im Training auch auf Schotterwegen oder schönen Trails durch den Wald. Das sorgt für Abwechslung und tut deinen Beinen gut. Wenn es manchmal bergauf-bergab geht, ist das auch vorteilhaft.

5. Steigern und Ruhen

Während der zweiten Phase deines Trainings von zwei bis drei Monaten steigerst du die Distanz weiter. Am Ende dieser Phase solltest du auf drei, vier Läufen 30 Kilometer erreicht haben. Füge ein Intervalltraining hinzu, indem du vier bis fünf Minuten schnell läufst, dann eine Minute lang auf Schrittgeschwindigkeit runterbremst. Diesen Rhythmus wiederholst du je nach Form vier bis achtmal. Eine ideale Vorbereitung ist die Teilnahme an einem Halbmarathon während dieser Periode. In den letzten beiden Wochen vor dem Marathon, dem sogenannten „Tapering“, verringerst du dein Pensum wieder deutlich, damit dein Körper sich vor der großen Belastung ausruhen kann.

6. Ernährung

Um genug Energie für einen Marathon zu haben, sollte deine Nahrung in den Wochen vor dem Marathon zu zwei Dritteln aus Kohlenhydraten bestehen. Gut ist eine Zusammensetzung von 65 Prozent Kohlenhydraten, 10 Prozent Eiweiß und 25 Prozent Fett. Wichtig: Reduziere das Zuführen kohlenhydratreicher Nahrung in den letzten 18 Stunden vor dem Rennen, um den Magen zu entlasten.

7. Schuhentscheidung

Vier Wochen vor dem Marathon solltest du wissen, welchen Laufschuh du beim Marathon trägst. So bleibt genug Zeit, damit du ihn einlaufen kannst. Leicht darf er sein, bequem muss er sein und vor allem sollte er zu deiner Fußstellung passen. Bei der Schuhwahl lässt man sich am besten von einem Coach oder in einem guten Lauf-Shop beraten.

8. Strecke checken

Informiere dich über die Topografie des Marathonkurses. Geht es mehrmals auf und ab, dann baue das auch ab und zu in dein Lauftraining ein.

9. Trink Big

Empfehlung: alle 15 bis 20 Minuten mindestens einen Becher Wasser

Empfehlung: alle 15 bis 20 Minuten mindestens einen Becher Wasser

Beim Marathon musst du viel trinken: Du solltest an möglichst jeder Verpflege-Stelle einen Becher Wasser oder Elektrolytgetränk zu dir nehmen. Das Trinken während des Laufens solltest du unbedingt vorher üben. Das ist nämlich gar nicht so einfach. Wenn du Probleme mit Trinken und dem gleichzeitigen Laufen hast, dann stelle dich auf Gehpausen ein. Und: Trinke unbedingt auch bereits in den Tagen vor dem Marathon ausreichend Wasser!

10. Rhythmus

Beginne wenn möglich in den Wochen vor dem Marathon das Lauftraining zur Marathon-Startzeit. So gewöhnt sich der Körper an den Rhythmus des Wettkampftages. Die Läufe beginnen meist morgens. Mindestens drei Stunden vor dem Start solltest du aufstehen. Es ist sinnvoll, den Körper auch daran an den Vortagen zu gewöhnen.

11. Laufen mit Ziel

Ermittle eine für dich realistische Zielzeit. Lege dir auch einen Plan für einen schlechten Tag zurecht – den kann schließlich jeder mal haben. Zwischenzeiten für einen optimalen, einen idealen und einen minimalen Rennverlauf kannst du dir vor dem Lauf mit einem wasserfesten Stift auf den Arm notieren. Teile dir die Marathon-Strecke am Lauftag von Verpflegungsstelle zu Verpflegungsstelle (meistens alle fünf Kilometer) oder in 10- Kilometer-Abschnitten ein. Konzentriere dich jeweils auf die nächste Etappe – und laufe die erste Hälfte des Marathons etwas langsamer als die zweite Hälfte. „Belohne” dich am Ende jeder Etappe beispielsweise mit einem Energieriegel oder einer Gehpause oder positioniere an diesen Punkten eventuell Freunde, Kollegen, Familie. Unmittelbar vor dem Start wärmst du dich ordentlich auf, lockerst du deine Muskeln mit dynamischen Dehnungsübungen und suchst noch einmal die Toilette auf. Und los geht’s!

Das Wichtigste ist: Genieße den Tag und saug die Atmosphäre entlang der Strecke auf. Und selbst wenn du deine Zielzeit nicht erreichst oder nicht bis zum Ziel durchhältst: Auf den Versuch kannst du schon stolz sein. Und der nächste Marathonlauf kommt bestimmt. Du kannst dennoch stolz auf dich sein, dass du dir das Ziel Marathon überhaupt gesetzt hast und die Vorbereitung über Wochen und Monate durchgehalten hast!

Knapp 100 Kilometer in den Beinen und (trotzdem) glücklich: Philipp Witibschlager.

Knapp 100 Kilometer in den Beinen und (trotzdem) glücklich: Philipp Witibschlager.

Philipp Witibschlager ist passionierter Läufer und diplomierter Laufcoach in Wien. Seine bevorzugten Strecken sind etwas länger als gewöhnliche Marathons: Er läuft Ultra-Marathons wie den Ultra Trail Tour du Mont Blanc (UTMB), der über 171 Kilometer und 10.000 Höhenmeter ins Ziel führt. Er bietet für Einsteiger und ambitioniertere Läufer Lauftechnik-Trainings und Co an: philippwitibschlager@gmail.com.