Joachim Puchner im Gespräch:
„Es geht nur, wenn es ein Miteinander ist“

Joachim Puchner begleitete den Weltcup-Winter 2020/21 als Kamerafahrer. Jetzt blicken wir mit dem sympathischen Salzburger zurück auf eine aufregende und besondere Saison.

Joachim Puchner begleitete den Weltcup-Winter 2020/21 als Kamerafahrer. Wir sprachen mit ihm zu Beginn der Saison und Joachim zeigte uns in St. Johann, wie man sich gut fürs Skifahren aufwärmt. Zeit, seine letzten Monate ein wenig Revue passieren zu lassen. 

Lieber Joachim, zunächst einmal herzliche Glückwünsche: Deine Bilder der verschiedenen Weltcup- und WM-Strecken diesen Winter waren ein Traum! Bitte fasse doch deine Premieren-Saison als Kamerafahrer und deine Gefühle zusammen.

Es war absolut spannend und für mich eine unglaublich tolle Saison, da diese neuen Erfahrungen mit enorm viel Spaß verbunden waren. Das Team mit dem ich zusammenarbeiten durfte war, bzw. ist, super und auch das Gefühl, nach 3 Jahren Weltcup-Abstinenz wieder dabei zu sein, war sehr schön.

 

Joachim im Starthaus der Streif...

Joachim im Starthaus der Streif...

Du hast ja heuer vieles hinter den Kulissen in neuer Rolle gesehen. Hat sich deine Sichtweise auf den alpinen Ski-Weltcup in irgendeiner Form verändert im Vergleich zu deiner Rennfahrer-Zeit?

Wenn man alles aus der Sicht eines Rennläufers kennt, ist die Medienseite schon ganz anders. Man bekommt da erst konkret mit, wie viele Arbeit im Hintergrund passiert, damit alles rund abläuft. Wie in etwa die Abläufe am Start, damit alles gemäß den geplanten TV-Zeiten abgehalten wird. Oder die Interviews im Zielbereich, da gibt es ein hektisches Treiben, wer wann wie zum Interview kommt. Als Rennfahrer wird man ja eher überall hingeführt, ohne die ganze Arbeit im Hintergrund zu sehen.

Welche neuen Facetten des Weltcups hast du in deiner Rolle als Kamerafahrer entdecken können?

Mich hat begeistert, wie viel Aufwand hinter kurzen Film-Sequenzen für eine Sport-Übertragung steckt. Also wenn beispielsweise ein kurzes Portrait über Kitzbühel oder einen Fahrer im Vorfeld eines Rennens gezeigt wird, dann steckt da viel Arbeit dahinter – mehr, als man vielleicht glauben möchte. Und auch was Logistik und Zeitmanagement von FIS-Seite betrifft, ist das immens, wie viele Menschen da involviert sind.

...und wenige Augenblicke später an der Hausbergkante. Wunderbar festgehalten von Christof Birbaumer.
Christof Birbaumer

...und wenige Augenblicke später an der Hausbergkante. Wunderbar festgehalten von Christof Birbaumer.

Das leidige Thema Corona war natürlich auch bei euch omnipräsent. Wie hat sich das auf den Weltcup ausgewirkt?

Das markanteste Zeichen der Pandemie waren natürlich die fehlenden Zuschauer. Für uns, als Teil des Weltcup-Zirkus‘, war alles mit bürokratischem Aufwand verbunden. Man musste ja zahlreiche Formulare ausfüllen, Entsendungsschreiben vorweisen, Sicherheitskonzepte beachten etc., damit alles sicher über die Bühne gehen konnte. Dann gab es vor Ort immer eine „große Blase“ und mehrere kleinere Blasen, beispielsweise für Medien oder Rennläufer. Da galt es immer vorsichtig zu sein und die Maßnahmen und Auflagen zu beachten.

Von Medienseite war die Produktion bei Rennen außerhalb Österreichs nochmal herausfordernder, weil da das ORF Produktionsteam drastisch verkleinert wurde, um eben das Risiko zu minimieren.

Was hast du am meisten vermisst im Vergleich zu „normalen“ Wintern mit dem Weltcup-Zirkus?

Ganz klar die fehlenden Zuschauer. So war eigentlich nie Stimmung vor Ort. Mit Fortdauer der Saison hat man sich zwar ein wenig daran gewöhnt, aber es blieb etwas befremdlich, wenn jemand mit Bestzeit im Ziel abschwingt und es tut sich nix auf den Zuschauerrängen.

Wie viele Tests hast du seit dem Weltcup-Auftakt in Sölden gemacht?

Über den gesamten Winter kamen locker um die 30 Tests zusammen. Und natürlich galt es, immer gut aufzupassen – egal ob im beruflichen oder privaten Bereich.

Dir passierte ja ein kleines Hoppala in Cortina beim WM Riesenslalom – kann man sich dann den ganzen Tag Kommentare von Kollegen anhören?

Eine zu glatte und vollperfektionierte Übertragung ist doch sowieso nicht gut ;)

Die wichtigste Frage ist doch: Wie geh ich selber damit um? Und da ich über mich selber lachen kann, habe ich das mit einem Schmunzeln hingenommen und den Sturz als überhaupt nicht problematisch erachtet. Eher im Gegenteil: Ein Sturz eines Kamerafahrers ist doch interessant für die Zuschauer. So sehen sie, welch eine Herausforderung hinter einem Hang steckt.

Rennfahrer analysieren ihre Läufe – macht das ein Kamerafahrer auch?

Ja, ich habe jeden einzelnen meiner Läufe dieser Saison angesehen und analysiert. Ich bin aber auch immer mein größter Kritiker und noch dazu war ja Vieles Neuland für mich. Ich konnte, wenn ich die Rennen vergleiche, für mich selber eine positive Entwicklung über die Saison feststellen. Da war ich dann happy.

Hast du dir ein paar Punkte rausgepickt, die du bei zukünftigen Kamerafahrten umsetzen möchtest?

Ab und an fehlt eventuell noch ein Stück Routine. Und manchmal war ich im Nachhinein mit der Wortwahl oder dem Timing nicht hundertprozentig zufrieden. Manch Passagen sind da echt heikel. Aber ich habe das analysiert und im nächsten Jahr kenne ich dann bereits alle Passagen. Ich kann mir auch vorstellen, die Kamerafahrten durch technische Features zu ergänzen und so für den Zuschauer attraktiver zu gestalten.

In der Zusammenarbeit mit Polzer & Co hat es gewirkt, als wärt ihr ein jahrelang eingespieltes Duo. Schweißt das gemeinsame Arbeiten an den internationalen Weltcup-Orten eng zusammen?

Zu der Zusammenarbeit möchte ich eines anmerken: Wie ich in das Team, allen voran von Oliver Polzer, Hans Knauß und Armin Assinger aufgenommen wurde, das hat mich sprachlos gemacht. Von der ersten Sekunde an bekam ich wahnsinnig viel Unterstützung und es war ein wirklich produktives und konstruktives Arbeiten. Ein riesiges Dankeschön an diese Herren und die ganzen anderen Menschen, denen dieser Dank ebenso gebührt! Das war wirklich der bestmögliche Einstieg in diese Aufgabe.

Und ja, wir verstehen uns sehr gut, auch wenn die Kameras nicht laufen. Wir verfolgen in unserer Arbeit aber auch ein klares, gemeinsames Ziel: Dem Zuschauer die Rennen so spannend und spektakulär wie möglich zu präsentieren. Und das geht nur, wenn es ein Miteinander ist.

Ein Blick nach vorn: Wie schaut dein Sommer aus?

Ich werde natürlich mein Training gestalten, sodass ich fit bleibe und kommende Aufgaben gut und sicher bewältigen kann. Dann bin ich hoffentlich auch gerüstet für die Olympischen Spiele 2022 ;) Dazu freue ich mich auf Berggehen, Mountainbiken und Tennis-Spielen.

Zum Abschluss: Du bist ja leidenschaftlicher Barista: Welchen Kaffee empfiehlst du aus dem Bauch raus unseren Lesern?

Geschmäcker sind ja bekanntlich und zum Glück verschieden. Ich empfehle, sich einfach bei einer der vielen kleinen Röstereien durchzuprobieren. Im Salzburger Land kann ich Herr Werner oder auch Piberger empfehlen. Da ist die Qualität meiner Meinung nach herausragend.

Lieber Joachim, vielen Dank fürs Gespräch und wir wünschen dir eine schöne ski-freie Zeit!