Flugtaxis heben ab:
Wann gehören sie zum Alltag?

Würdest du in ein Lufttaxi steigen, wenn es das Gleiche kostet, aber wesentlich schneller geht als mit dem herkömmlichen Taxi? Noch ist die Frage hypothetisch, doch das könnte sich bald ändern. Höchste Zeit, sich mit einer neuen Form der Fortbewegung zu beschäftigen.

EHang 216. FACC und EHang arbeiten gemeinsam an der Serienreife autonomer Lufttaxis.
© Maximilian Lottmann

EHang 216. FACC und EHang arbeiten gemeinsam an der Serienreife autonomer Lufttaxis.

Es hat lange gebraucht, bis die Zukunft in der Gegenwart angekommen ist. Fliegende Autos fanden viele Jahrzehnte nur in Science-Fiction-Romanen und -Filmen statt. Jetzt müssen deren Autoren sich etwas Neues ausdenken. Denn das Flugtaxi wird Teil der Gegenwartsmobilität. Noch nicht im großen Stil. Aber viele arbeiten daran, dass sich dies zeitnah ändert. 

Zum Beispiel FACC, das Unternehmen aus dem Innviertel. „Die Zukunft wird durch eine Individualisierung des Flugverkehrs geprägt sein“, heißt es vollmundig auf der Firmenwebsite. Der Hersteller von Leichtbaukomponenten für Flugzeuge möchte diese Zukunft mitgestalten. Seit 2018 kooperiert man mit dem chinesischen Hersteller Ehang. Das Ziel: Flugtaxis in Österreich in die Serienproduktion bringen.

Probeflüge mit Lufttaxis in Wien

Im vergangenen Jahr hoben die fliegenden „manntragenden Drohnen“ (so eine offizielle deutschsprachige Bezeichnung) erstmals in Wien zu Probeflügen ab. Dabei bewegte sich das elektronisch betriebene Vehikel mehrmals mehrere Dutzend Meter in die Luft, ehe es wieder sicher auf dem Boden landete.

Die erste Erfahrung damals: Im für zwei Personen gebauten Prototyp geht es recht eng zu. Und leise war das elektronische Gerät wegen der Rotoren-Geräusche bei Start und Landung auch nicht. Derrick Xiong, Co-Gründer von Ehang, versicherte damals, dass man auf einer Distanz von 50 Metern kaum mehr etwas hören würde.

Einen wichtiger Schritt hin zur neuen Lufttaxi-Realität verkündete FACC im Dezember 2020: Die österreichische Luftfahrtbehörde Austro Control hat dem in Ried im Innkreis produzierten Fluggerät „EHang 216“ die so genannte Erprobungsbewilligung erteilt. Damit, so teilte das Unternehmen mit, kann FACC „gemeinsam mit anderen Unternehmen der Branche, Forschungseinrichtungen und Behörden weitere wichtige Flugerprobungsprogramme vorantreiben“.

Straßen für den individuellen Flugverkehr

Was unterscheidet eigentlich ein Lufttaxi vom gewöhnlichen Taxi? Zunächst einmal das Offensichtliche: Drohnen brauchen keine Straßen. Wobei: Eigentlich schon, sie sind nur nicht sichtbar. Individueller Flugverkehr wird auf Luftstraßen stattfinden. So wie das für Flugzeuge heute schon der Fall ist. In der „Urban Air Mobility“ (UAM), wie der Verkehr im Luftraum über unseren Städten international genannt wird, darf kein Chaos herrschen. Schon allein, weil die Konsequenzen eines Unfalls noch schwerwiegender ausfallen können als am Boden. Deswegen müssen Luftstraßen festgelegt werden, auf denen Flugverkehr jeweils nur in eine Richtung stattfinden kann.

Der Vorteil zum Verkehr am Boden: Die Luftstraßen können auf mehreren Ebenen, sprich Höhen, eingerichtet werden. Am Platzangebot jedenfalls wird diese Form der Mobilität kaum scheitern. Vermutlich werden die Luftstraßen für individuellen Flugverkehr auf Höhen zwischen 50 und 1.000 Metern angesiedelt sein.

Kein Pilot an Bord

Zweiter wesentlicher Unterschied zum Autotaxi: Flugtaxis brauchen keinen Fahrer, sie fliegen autonom. In der Luft ist das leichter zu realisieren als am Boden. Es gibt beim Fliegen schlicht weniger Unwägbarkeiten. „Wir werden definitiv früher autonom fliegen als autonom fahren”, prophezeit der Vorstandsvorsitzende der FACC AG, Robert Machtlinger.

Dritter Unterschied: Es braucht deutlich weniger Infrastruktur als bei der Mobilität am Boden, genauer gesagt lediglich einen Start- und einen Landeplatz. Insofern ist diese Form der Mobilität auch ressourcenschonend. Auf der anderen Seite: Start- und Landeplätze müssten erst gebaut werden, etwa auf den Dächern von Einkaufszentren, Parkgaragen oder Bahnhöfen.

Was kostet ein Lufttaxi?

Und was werden die Geräte kosten? Das Lufttaxi von FACC und Ehang kostet wohl um die 300.000 Euro. Zum Vergleich: Die E-Klasse von Mercedes, die häufig als Taxi eingesetzt wird, gibt es ab 50.000 Euro. Dennoch ist vorstellbar, dass die Fahrt durch die Luft nicht teurer als eine gewöhnliche Taxifahrt wird. Denn erstens sind die Betriebskosten wegen der fehlenden Personalkosten möglicherweise geringer. Außerdem können, aufgrund der deutlich kürzeren Reisezeiten, mehr Fahrten angeboten werden, was den Umsatz erhöht. Hinzu kommt: Der Herstellerpreis wird vermutlich mit dem technischen Fortschritt und den wachsenden Produktionszahlen fallen.

Daran arbeitet jetzt schon Jürgen Greil. Der ehemalige Manager der Automobilindustrie hat in Salzburg das Start-up Fly Now gegründet. Greil möchte Flugtaxis zum Preis eines Mittelklassewagens anbieten. Wie das gelingen soll? Durch eine andere Bauweise, als das bei Drohnen bisher üblich ist. Diese haben in der Regel acht bis 18 Rotoren, angeordnet rund um die Kabine. Das brauche viel Energie und sei aufwändig in der Herstellung, sagt Greil. 

30 Firmen arbeiten weltweit am Flugtaxi

Volocopter VC200
© Nikolay Kazakov for Volocopter

Volocopter VC200

Die Drohnen von Fly Now werden daher vermutlich wie kleine Hubschrauber aussehen (noch gibt es keine Bilder). Sie sollen zwei übereinanderliegende Rotoren mit einem Durchmesser von 4,5 Metern haben. Die Kabine hängt darunter.

Allerdings findet darin auch nur eine Person Platz. Kein Problem, meint Firmengründer Greil: Auch im PKW seien die meisten Menschen alleine unterwegs. Der durchschnittliche Besetzungsgrad von PKWs liegt in Österreich bei 1,07. Weitere Fakten: 210 Kilogramm soll das Fluggerät wiegen, 130 Kilometer pro Stunde schnell sein und eine Reichweite von 50 Kilometer haben. Noch allerdings bastelt man am Prototyp.

Andere sind weiter. Die deutschen Firmen Volocopter und Lilium zum Beispiel, die beide schon zahlreiche Testflüge hinter sich haben. Weltweit arbeiten rund 30 Firmen daran, dass der individuelle Flugverkehr Wirklichkeit wird – etwa der Airbus-Konzern, Hyundai, Toyota, Uber und das von Google-Gründer Larry Page finanzierte Start-up Kitty Hawk. Noch gibt es ausschließlich Prototypen. 

Bereits 150 Prototypen: das Startup Kittyhawk
©kittyhawk

Bereits 150 Prototypen: das Startup Kittyhawk

Vielleicht ist Kitty Hawk am weitesten. 150 Prototypen hat die Firma nach Angaben ihres Chefs Sebastian Thrun bereits gebaut und 30.000 Testflüge absolviert. Der Erfolg der Flugtaxis werde nicht über Nacht kommen, vermutet Thrun. Städte entwickelten sich langsam. So hätte es bis zu 40 Jahre gedauert, bis in den Städten Pferde durch Autos ersetzt worden seien.

Eine solch weitreichende Transformation hält Thrun auch in den kommenden Jahrzehnten für möglich. Wenn es gelinge, elektrisch betriebene Fluggeräte zu bauen, die sicher, erschwinglich und leise sind, dann könnten diese das Auto ablösen.