Fit bleiben im Alter
– Tipps von Marianne Koch

In ihrem jüngsten Buch „Alt werde ich später“ verrät uns Dr. Marianne Koch, Schauspielerin, Ärztin, Buchautorin und Medizinjournalistin, wie es gelingt, im Alter geistig und körperlich fit zu bleiben. Wir haben mit ihr gesprochen.

Bewegung und soziale Kontakte halten fit.

Bewegung und soziale Kontakte halten fit.

Frau Koch, Sie haben ein Buch geschrieben mit dem verheißungsvollen Titel „Alt werde ich später“. Warum? Was war und ist Ihre Intention mit diesem Buch?

Unsere Lebenserwartung hat dramatisch zugenommen. Durch die gewonnenen 10,15 Jahre sind wir nicht etwa länger krank oder hinfällig, sondern bei den meisten Menschen bleiben Vitalität und Lebensqualität länger erhalten.

Das bedeutet, dass wir unser Leben neu einteilen und diese geschenkte Zeit aktiv gestalten und genießen sollten. Darum geht es in diesem Buch.

Aber Altern ist doch ein geistiger und körperlicher Abbauprozess, oder? Können wir ihn denn aufhalten und wenn ja, wie?

Menschen altern sehr unterschiedlich. Natürlich hat das etwas mit ihren Genen zu tun. Wir können aber Geist und Körper hervorragend unterstützen, wenn wir rechtzeitig einige wichtige Dinge berücksichtigen:

  • gesunde Ernährung
  • regelmäßige körperliche Aktivität
  • lebenslanges Lernen – wobei „Lernen“ bedeutet, dass man sich intensiv für Neues interessiert.
  • Und, ganz wichtig: Viele soziale Kontakte, um im Alter nicht einsam zu sein.

Welche Ernährung ist wichtig, um uns fit zu halten?

Weitgehender Verzicht auf Industrieprodukte mit viel Chemie, zu viel Zucker, Salz und Fett. Dafür viel frisches Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, nicht zu viel Fleisch, nicht zu viel Alkohol. Die „Mittelmeerküche“ ist ein gutes Beispiel.

Mittelmeerküche: viel Obst und Gemüse

Mittelmeerküche: viel Obst und Gemüse

Bewegung ist ein Wundermittel, schreiben Sie. Warum?     

Weil durch Bewegung, also durch Sport, aber auch schon durch regelmäßige Spaziergänge alle unsere 100 Billionen Zellen mit mehr Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden. Davon profitieren vor allem Herz und Lunge, aber auch unser Gehirn, dessen graue Zellen angeregt werden und zum Dank mehr Glückshormone produzieren 

Und wenn jemand in seinem Leben nie sportlich gewesen ist…

…kann er oder sie trotzdem jederzeit damit beginnen. Natürlich zunächst schön langsam und nach Beratung mit dem Hausarzt.

Sie sprechen von „lebenslangem Lernen“, um den Geist wach zu halten. Warum ist das wichtig?

Schauspielerin, Ärztin, Buchautorin und Medizinjournalistin Dr. Marianne Koch
© Isolde Ohlbaum

Schauspielerin, Ärztin, Buchautorin und Medizinjournalistin Dr. Marianne Koch

Die Wissenschaft hat bewiesen, dass Gehirnzellen, die nicht dauernd gebraucht werden, dazu neigen, einzuschlafen und dass dadurch auch die so wichtigen millionenfachen Verbindungen zwischen diesen Zellen verkümmern. Wir wissen auch, dass Alzheimer und andere Formen der Demenz bei Menschen, die sich in der Jugend und danach ständig mit neuen Dingen beschäftigen mussten, viel seltener oder zumindest viel später auftreten.

Ein Mensch, der auch mit 70 Jahren noch neugierig ist und sich mit den Ansichten seiner Enkel auseinandersetzt, wirkt viel jugendlicher als ein 50-Jähriger, der glaubt, er habe für sein Leben genug gelernt und der seine Meinungen bis ins Grab für unverrückbar hält.  Man muss nicht unbedingt Kurse in der Volkshochschule 

buchen – obwohl es da wunderbare Anregungen gibt –, es genügt, sich intensiv mit Themen auseinanderzusetzen, die einen interessieren: zum Beispiel künstlerische oder technische Hobbys, andere Menschen, eine neue Sprache, Reisen und vieles mehr.

Warum bezeichnen Sie Einsamkeit als die schlimmste Alterskrankheit?

Das ist die Meinung der Altersforscher. Und es ist auch verständlich: Wenn ich niemanden mehr habe, mit dem ich sprechen, mit dem ich meine Freuden oder Sorgen teilen kann; niemanden, mit dem ich wenigstens über die Fernsehsendung von gestern Abend diskutieren kann, dann haben meine Gedanken keine Resonanz und drehen sich nur noch im Kreis. Man ist dann wie gelähmt, antriebslos, abgeschnitten von allen Kraftquellen, nahe einer Depression.

Und nicht nur die Seele leidet, sondern ebenso der Körper. 

Sie meinen auch das Herz oder das Immunsystem?

Ja. Gerade das Immunsystem ist ja eng mit unserer Seele verbunden.

Auf welche Weise können wir dieser Einsamkeit entgehen?

Es gibt viele Möglichkeiten. Seniorenklubs, Veranstaltungen der Gemeinde, Sportklubs natürlich. Überall, wo sich Menschen aus unterschiedlichen Milieus begegnen. Sich dort umzusehen erfordert zunächst vielleicht einen gewissen Mut – aber Mut ist ohnehin eine wichtige Eigenschaft für Ältere.

Am besten ist es allerdings, wenn man sich für andere einsetzt, egal auf welche Weise. In der Flüchtlingsbetreuung, vielleicht beim Nachhilfeunterricht. Anderen Menschen zu helfen ist, so denke nicht nur ich, der Königsweg aus der Einsamkeit.

Für andere da sein: Großvater und Enkel

Für andere da sein: Großvater und Enkel

Brauchen Ältere wirklich so viel Mut?

Ich glaube schon. Zum einen sollten wir mutig der gelegentlich immer noch verbreiteten Ansicht entgegentreten: Nur wer jung und schön ist, wird geliebt. Ein völliger Blödsinn, wie wir wissen. Wir sehen vielleicht etwas anders aus als früher, aber wir sind ja auch interessanter geworden durch das, was wir erlebt haben, durch die Menschen, die uns beeinflusst haben.

Mut brauchen wir auch für den Entschluss, noch einmal etwas Neues zu beginnen. In meinem Buch berichte ich von einem Freund, der angefangen hat zu malen und erstaunlichen Erfolg damit hat. Und natürlich bedarf es eines gewissen Mutes, sich mit der Tatsache auseinanderzusetzen, dass das Leben endlich ist, und dass dieses Ende nun nicht mehr so weit entfernt ist.

Frau Koch, Sie werden im August 91 Jahre alt, sehen blendend aus, schreiben Medizin-Ratgeber, diskutieren einmal die Woche im „Gesundheitsgespräch“ von Bayern 2 live mit Hörern und Hörerinnen über ein medizinisches Thema … Was machen Sie und was haben sie gemacht, um so gesund und fit zu bleiben?

Ich denke, ich habe in meinem Leben viel Glück gehabt. Mit meiner – alleinerziehenden – Mutter, die ihren beiden Kindern ein starkes Selbstvertrauen vermittelt hat. Aber auch sonst durch die unterschiedlichen Chancen, die sich mir geboten haben und die ich – mutig bis tollkühn – ergriffen habe. Und im Übrigen befolge ich das, worüber wir hier diskutiert haben. ;-)

Alt werde ich später
Neue Wege, um geistig und körperlich fit zu bleiben.
Dr. med. Marianne Koch
dtv Verlag 3. Auflage 2021
18 €