#InventedInAustria:
Die mechanische Nähhand

Österreicher sind erfinderisch – das zeigen wir in unserer Serie „Invented in Austria“. Folge 1 erzählt die Geschichte des Schneidermeisters Josef Madersperger, der auf dem Wiener Karlsplatz als Erfinder der Nähmaschine mit einem Denkmal verewigt ist. Der Pionier kämpfte sein Leben lang für seine Idee und musste am Ende doch kapitulieren.

Mechanische Nähmaschinen. Ein österreichischer Tüftler konstruierte das erste Modell.

Mechanische Nähmaschinen. Ein österreichischer Tüftler konstruierte das erste Modell.

Um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert war die industrielle Revolution in vollem Gang. Handarbeit wurde zunehmend mechanisiert. Auch der Wiener Schneidermeister Josef Madersperger (1768-1850), geboren in Tirol, tüftelte an einem Gerät, das die Bewegungen der nähenden Hand nachahmen sollte. Längst konnten mechanische Spinnereien und Maschinenwebstühle die Stoffe viel billiger herstellen als die Manufakturen. Nur das Zuschneiden musste noch von Hand erledigt werden. Eine routinierte Näherin brachte es auf gut 50 Stunden, bis ein Gewand fertig war.

Hoffnung auf den großen Durchbruch

1807 etwa gelang Madersperger die Konstruktion einer mechanischen „Nähenden Hand“, die heute im Technischen Museum Wien zu bewundern ist. Die Entwicklung der Maschine verschlang sein ganzes Geld. Der Pionier erhoffte sich mit der Erfindung den großen Durchbruch. Doch der Prototyp enttäuschte, immer wieder gab es Schwierigkeiten. Also entwarf der Schneidermeister ein zweites Modell mit neuem Prinzip: Diesmal mit zwei Nadeln, durch deren Öhren an den Spitzen die Fäden liefen. 1815 wurde Madersperger auf die Maschine ein „Privilegium” erteilt, wie damals das Patent hieß. 

Kein Geld mehr für Patentgebühren

Nun hätte die Revolution des Schneiderhandwerks beginnen können. Aber der Erfinder hatte seine Rücklagen erschöpft, ein Geldgeber für die industrielle Produktion der Maschine war nicht in Sicht. Madersperger erweiterte 1817 sein Patent noch um das Nähen krummliniger Nähte. Es nützte ihm nichts. Er konnte die laufenden Patentgebühren nicht mehr aufbringen. Als nach drei Jahren das Patent noch immer nicht verwertet war, wurde ihm 1818 das Privilegium wieder entzogen.

Den Siegeszug der Nähmaschine erlebte der Pionier nicht mehr

Trotz des Rückschlags perfektionierte Madersperger seine Maschine weiter. Doch wirklich zuverlässig arbeitete der Apparat nie. Im Alter von über 70 Jahren kapitulierte Madersperger und schenkte sein Modell 1839 dem polytechnischen Institut in Wien (heute Technische Universität Wien). Zwei Jahre später ehrte der Niederösterreichische Gewerbeverein seine Pionierleistung mit einer Medaille. Den Siegeszug der Nähmaschine hat Madersperger nicht mehr erlebt. Kurz vor seinem Tod (2. Oktober 1850) erwarb der US-Erfinder Isaac Merritt Singer ein Patent auf eine eigene Konstruktion mit bis zu 300 Stichen pro Minute und verdiente mit der Produktion der Singer Nähmaschinen ein Vermögen.