Unter Strom -
Eine Unternehmerin kämpft für die Energiewende

Auf jedes Gewerbe-Dach eine Solaranlage: Das ist die Mission von Cornelia Daniel.
Und sie hat schon viel erreicht. Mit einem neuen Gesetz soll der Ausbau von Solarenergie in Österreich jetzt Fahrt aufnehmen.

Unternehmensdach: Eine Frau will nach oben.

Unternehmensdach: Eine Frau will nach oben.

Die Unternehmerin Cornelia Daniel setzt sich seit zehn Jahren für Solarstrom in Österreich ein. Mit ihrem Unternehmen Dachgold leistet sie Überzeugungsarbeit und hat sich auf Wirtschaftlichkeitsberatung für Unternehmen spezialisiert. Bereits 2014 gründete sie die Initiative Tausendundein Dach gemeinsam mit einem Photovoltaikanlagenbauer. Das ehrgeizige Ziel: innerhalb von sieben Jahren 1001 Unternehmensdächer mit Photovoltaikanlagen ausstatten.

Tausendundein Dach begleitet Unternehmen auf dem Weg zur Solaranlage – von der Erstberatung bis zur Umsetzung. Wir sprachen mit Cornelia Daniel über Chancen und Schwierigkeiten des Solarstroms in Österreich.

Frau Daniel, Sie wollten in diesem Jahr Ihr Ziel von 1001 Solaranlagen erreichen. Schaffen Sie das?

Dieses Ziel haben wir uns im Jahr 2014 gesetzt. Damals war das ziemlich utopisch, denn wir hatten gerade mal zwei Projekte im Jahr. Im Moment stehen wir bei 800. Wir sind aber sicher, dass wir das Ziel von 1001 Solaranlagen noch in diesem Jahr erreichen.

Und dann hören Sie auf?

Nein, wir machen weiter. Unsere Mission ist, auf jedes Unternehmensdach eine Photovoltaikanlage zu setzen. „1001 Dächer in sieben Jahren“ war nur ein erster Schritt.

Wie ist die Situation für den Solarstrom in Österreich?

Im Juli wurde das über viele Jahre erwartete Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) beschlossen. Im Moment warten wir auf die genauen Details. Der in dem Gesetz beschlossene Wachstumspfad ist jedenfalls enorm und wir stehen vor einem regelrechten Solarboom in Österreich. Das wird der Wahnsinn. Wir werden um das Zehnfache wachsen müssen, um die Arbeit zu bewältigen. Was uns bisher schon geholfen hat, ist der Anstieg der Strompreise. Die Errichtung Solarstrom-Anlagen lohnt sich dadurch immer mehr.

 

Photovoltaik und mehr schützen: Mit der Wüstenrot Haushaltsversicherung

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Können die Unternehmen, die eine Solaranlage auf dem Dach haben, ihren Strombedarf in der Regel aus der eigenen Produktion decken?

Nein, denn die Sonne scheint von 8.760 Stunden Jahr im Jahr nur tausend Stunden. Wenn die Dachfläche zum Stromverbrauch passt, kommt man auf 30 bis 50 Prozent des eigenen Verbrauchs.

Cornelia Daniel vor Photovoltaikanlage
©tony gigov

Cornelia Daniel vor Photovoltaikanlage

Wann passt denn die Dachfläche zum Stromverbrauch?

Die Formel ist: Aus 100 Quadratmeter Dachfläche kann ich 10.000 Kilowattstunden Strom machen. Hat das Unternehmen also einen Verbrauch von 10.000 Kilowattstunden und eine Dachfläche von 100 Quadratmetern, kann die Anlage den Bedarf komplett decken - wenn die Sonne scheint.

Und wenn die Fläche größer ist als der Verbrauch – können die Unternehmen den Strom, den sie selbst nicht brauchen, speichern?

Das geht im Prinzip schon. Aber dadurch wird die Kilowattstunde Strom teurer. Das lohnt sich daher im Moment nicht. Der überschüssige Strom wird daher ins Netz eingespeist. Das kann sich aber ändern, denn in der Speichertechnik tut sich eine Menge.

Und für den Solarstrom, die das Unternehmen ins Netz einspeist, bekommt es Tarife, die über dem Marktpreis liegen?

Ja. Die bisherige Tarif-Förderung war aber gedeckelt und ist bereits ausgeschöpft. Im Moment wird für Solarstrom, der ins Netz eingespeist wird, nur der Marktpreis gezahlt.

Mit dem „Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz“ wird über Auktionen geregelt, wie hoch der Förderbedarf sein wird. Unternehmen, die eine geringere Prämie brauchen, weil vielleicht die Dachbedingungen ideal sind, werden vorgereiht und je höher der Förderbedarf ist, desto weiter kommt man nach hinten.

Warum muss denn der Fördertarif über dem Marktpreis liegen?

Der Markt ist verzerrt. Bei der Stromerzeugung mit Kohle wird unter anderem das klimaschädliche CO2 ausgestoßen. Solche sogenannten externen Kosten haben aber im Moment noch keinen Preis. So lange diese Kosten bei der Stromerzeugung mit fossilen Energieträgern nicht eingepreist werden, erreichen wir mit den Erneuerbaren nur eine Parität: Die Energieerzeugung kostet in etwa gleich viel. Um die Erneuerbaren voranzubringen, brauchen wir daher entweder eine CO2-Bepreisung oder einen höheren Tarif für die Erneuerbaren.

Im Moment ist die Solarstromeinspeisung also noch eher ein Nullsummenspiel. Wenn der Markttarif für die Kilowattstunde bei fünf Cent liegt und ich kann sie mit Solarstrom für fünf Cent erzeugen, habe ich noch keinen Gewinn. Der Anreiz ist damit für Investoren noch nicht groß genug. Sie tragen ja auch ein hohes Risiko. Denn der Strompreis kann auch wieder sinken.

Der Förderbedarf ist aber nur noch sehr gering. Er hängt auch von der Höhe des Marktpreises ab. Und der schwankt. In Zukunft soll es nur eine Prämie für den Solarstrom geben, wenn der Preis unter eine bestimmte Schwelle sinkt.

Aber eigentlich müsste Solarstrom doch günstiger sein. Kohle und Öl müssen eingekauft werden, während es die Sonne umsonst gibt.

Der Input ist umsonst da, Photovoltaik und Wind gehören daher zu den günstigsten Formen der Energiegewinnung. Aber die Anlage kostet. Ein Kohlekraftwerk zu errichten ist im Vergleich zwar sehr viel teurer. Aber wir konkurrieren noch mit alten, bereits abgeschriebenen Anlagen.

Auch mit dem neuen Gesetz wird es Zuschüsse zu den Investitionen in Solaranlagen geben. Bezuschusst der Staat den Solarstrom also doppelt – mit einem Zuschuss für die Errichtung der Anlage und dann noch einmal mit höheren Tarifen?

Nein, entweder oder – da muss man sich entscheiden. Entweder gibts einen Investitionszuschuss oder die Prämie auf den Marktpreis.

In welchem Zeitraum amortisiert sich die Investition in eine Photovoltaikanlage für das Unternehmen?

Das können wir nicht ausrechnen, denn diese Rechnung hängt vom Strompreis ab. Und den können wir nicht voraussehen. Bliebe es in den nächsten Jahren bei einem Strompreis, wie ihn Unternehmen im Moment üblicherweise zahlen, können sie die Kosten für die Anlage in zehn Jahren wieder rausholen. Aber so rechnen wir nicht. Das Entscheidende ist doch: Mit einer Photovoltaikanlage produziere ich günstigen Strom – Punkt.

Gehört bei den Unternehmen also auch Idealismus dazu?

Warum? Ich produziere Strom, der für mich um 50 Prozent günstiger ist. Das ist doch eine extrem wirtschaftliche Entscheidung. Es rechnet sich.

Welche Hindernisse stehen in Österreich der Verbreitung von Solarstrom entgegen?

Das Fördersystem in Österreich war bisher im Gegensatz zu Deutschland gedeckelt. Das ändert sich mit dem neuen „Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz“. Wir sind jetzt da, wo Deutschland vor zwanzig Jahren war.

Dort gibt es auch eine sogenannte Netzanschluss-Pflicht. Das heißt, der Netzbetreiber muss mir den erzeugten Strom abnehmen. In Österreich ist das nicht der Fall. Hier darf nicht jeder Strom produzieren. Deshalb sterben viele Projekte.

Der Netzausbau ist der kritischste Punkt bei der Energiewende. Gleichzeitig mit dem Ausbau der Erneuerbaren muss auch das Netz ausgebaut werden

Warum nehmen Unternehmen ihren Service in Anspruch? Kann ich nicht als Unternehmen auch direkt zu einem Photovoltaikanlagenbauer gehen und bekomme dann eine Anlage?

Das ist eine sehr komplexe Angelegenheit. Sich damit zu beschäftigen ist entsprechend zeitaufwändig. Berechnungen, Behördengänge, Genehmigungen – das alles nehmen wir den Unternehmen ab. Die vertrauen auf unsere Erfahrung bei der Betreuung so vieler anderer Unternehmen zuvor. Das größte Problem ist, die Genehmigung des Netzbetreibers dafür zu bekommen, dass ich meinen Strom einspeisen darf. Ich rate sehr dazu, sich nach der Verabschiedung des neuen Gesetzes jetzt möglichst schnell um eine Genehmigung zu bemühen.

Immer in Sonnengelb: Cornelia Daniel feiert jedes Dach.

Immer in Sonnengelb: Cornelia Daniel feiert jedes Dach.

Sie wollen mit „Tausendundein Dach“ ein Netzwerk von Solar-Unternehmen aufbauen. Wird das Netzwerk genutzt? Ein Autohaus in Wien und ein Weingut in der Steiermark haben ja außer der Solaranlage auf dem Dach wahrscheinlich wenig gemeinsam.

Wir machen regelmäßig Events und dabei gibt es einen unglaublich spannenden Austausch. Das sind ja alles erfolgreiche Unternehmer. Die waren traurig, dass sie sich wegen Corona nicht sehen konnten.

Mit „Tausendundein Dach“ bieten Sie Ihren Kunden ein Fotoshoot und PR Unterstützung an. Wofür brauchen die das?

Die Unternehmen kommunizieren ihr Solarengagement gegenüber ihren eigenen Kunden und in der Presse - unter dem Motto „Tue Gutes und sprich darüber“. Dabei unterstützen wir sie. Denn es ist ganz wichtig, dass die Unternehmen sich gegenseitig mit der Idee anstecken.