Unverpackt:
Zero Waste für mehr Lebensqualität

Helene Pattermann hat ihren Müll deutlich reduziert. Wie ihr das gelungen ist und warum sie die Plattform Zero Waste Austria gegründet hat, erklärt sie in unserem Interview.

Das kennst du sicher: Du kommst vom Einkaufen nach Hause und als erstes entsorgst du einen Haufen Plastikmüll. Das ist nicht nur ärgerlich, es schadet auch der Umwelt. Es gibt eine Bewegung, die sich der Verschwendung entgegenstellt: Zero Waste. Helene Pattermann, Gründerin von Zero Waste Austria, erklärt in unserem Gespräch, wie jeder Einzelne zu weniger Müll, einem gesünderen Leben und einer saubereren Umwelt beitragen kann. Höchste Zeit, denn allein in Österreich sind 2017 rund 1,08 Millionen Tonnen Verpackungen und Altpapier angefallen.

Ideal für die Jause: Mit einer Metalldose vermeidest du unnötigen Verpackungsmüll.

Ideal für die Jause: Mit einer Metalldose vermeidest du unnötigen Verpackungsmüll.

MEIN LEBEN: Helene, was hat dich veranlasst, Zero Waste Austria zu gründen?

Helene Pattermann: Ich habe ehrenamtlich bei Zero Waste Jam mitgearbeitet, einer Initiative, die Obst zu Marmelade eingekocht hat. So bin ich auf das Thema Zero Waste gestoßen und war fasziniert, was sich dazu in Europa schon alles tut. Daraufhin habe ich auf einem Markt Zero-Waste-Produkte verkauft. Viele Passanten wussten allerdings nicht, was Zero Waste bedeutet. In dem Moment wurde mir klar, dass es noch reichlich Informationsbedarf gibt. Außerdem wollte ich gern selbst ein Unternehmen gründen, das etwas zu Zero Waste beiträgt. Ich konnte mich aber nicht festlegen, was es genau sein sollte. Irgendwann fiel mir auf, dass es mir mehr Spaß macht, über Projekte von anderen zu berichten. So entstand die Basis für Zero Waste Austria.

Woher stammt das Konzept des Zero Waste?

Zero Waste ist eine internationale Bewegung, die dafür eintritt, dass wir Abfall noch mehr als wertvolle Ressource sehen und vorsichtiger mit Rohstoffen umgehen. In unserer Wegwerfgesellschaft haben manche Produkte – wie ein Plastiksackerl oder ein Coffee-To-Go-Becher – nur eine Lebenszeit von wenigen Minuten. Zudem zielt unsere sehr effiziente Abfallwirtschaft darauf ab, Abfall schnell und ungesehen in Luft aufgehen zu lassen. Das war das Ziel des letzten Jahrhunderts und das haben wir gut hinbekommen. Durch Ressourcenknappheit, Umweltverschmutzung und Klimawandel sind wir aber heute gezwungen, Abfall weiterzudenken. Kreislaufwirtschaft und Zero Waste versuchen, dafür Szenarien und Lösungen zu bieten. Da sind alle Teile der Gesellschaft gefragt, denn auch wir als Konsumenten spielen eine wichtige Rolle: Akzeptieren wir Recyclingware oder Produkte aus zweiter Hand? Und fordern wir große Handelsketten auf, Verpackungen zu reduzieren, Lebensmittelabfälle zu vermeiden und Recycling zu erleichtern?

Werben für weniger Müll: Helene Pattermann hat den Verein Zero Waste Austria 2015 zusammen mit Ruth Hinkel gegründet.
© Alexi Pelekanos

Werben für weniger Müll: Helene Pattermann hat den Verein Zero Waste Austria 2015 zusammen mit Ruth Hinkel gegründet.

Wenn du dir über all diese Fragen Gedanken machst, wie unterscheidet sich dann dein Alltag als Mitglied der Zero Waste Community von denen anderer Leute?

Die Zero Waste Community ist sehr vielfältig. Gemeinsam haben wir alle den Wunsch nach Veränderung und wir haben genug von verrückten Verpackungen, wie etwa geschälten und in Plastik verpackten Bananen. Manche fangen mit kleinen Schritten an. Sie haben beispielsweise immer eine Trinkflasche und einen Einkaufsbeutel dabei. Andere bringen täglich ihren wiederverwendbaren Coffee-to-go-Becher mit. Wieder andere shoppen nur secondhand oder kaufen in Unverpacktläden oder Lebensmittelkooperativen, sogenannten Foodcoops, nur unverpackte Lebensmittel ein. Vorbereitet sei, hilft auf jeden Fall!

Was empfiehlst du jemandem, der sich der Bewegung anschließen möchte?

Der Weg beginnt zuallererst mit dem Bewusstmachen. Wo fällt in meinem Leben oft Müll an? Wo kann ich etwas leicht einsparen? Was passiert mir immer wieder, weil ich nicht vorbereitet bin? Als zweites empfehle ich, dir Gleichgesinnte zu suchen, dann macht es mehr Spaß und gelingt auch einfacher. Du solltest dir kleine Schritte vornehmen, neue Geschäfte ausprobieren, Märkte in der Gegend erforschen. Wenn du lieber gleich aufs Ganze gehen willst, empfehle ich eine Ein-Wochen- oder Ein-Monat-Challenge. Mit klaren Zielen und Restriktionen siehst du schneller einen Fortschritt.

Welches sind die ersten Schritte ins Zero-Waste-Leben?

Die Handtasche oder den Rucksack mit den Zero Waste Basics befüllen: Trinkflasche, Einkaufstasche, wenn nötig Coffee-To-Go-Becher und Behälter für die Jause unterwegs oder im Büro. Suche den nächsten Bioladen oder Unverpacktladen auf und schau dir einmal das Sortiment an. Da gibt es die Milch in der guten alten Mehrwegflasche und auch das meiste Obst und Gemüse unverpackt. Am besten, du hast auch einen dünnen Stoffsack fürs Brot dabei und los geht’s.

Gut verschlossen: Unverpackte Lebensmittel kannst du in Mehrweggläsern aufbewahren.
© Denise Johnson / unsplash

Gut verschlossen: Unverpackte Lebensmittel kannst du in Mehrweggläsern aufbewahren.

Ist Zero Waste überhaupt für Menschen umsetzbar, die Vollzeit arbeiten und einen stressigen Job haben?

Ja, auf jeden Fall. Den Kaffee zuhause in den eigenen Becher zu schütten und in der U-Bahn zu trinken, macht keinen großen Aufwand. Der Kaffee kocht sich, während man die Zähne putzt. Viele Veränderungen brauchen eher ein Bewusstwerden und Umdenken als viel Zeit. Für den Lebensmitteleinkauf empfehle ich Gemüsekistl, die werden ohne viel Verpackung nach Hause geliefert, das spart Müll und Zeit. Eine Übersicht über Bio-Kistl-Anbieter in Österreich gibt es zum Beispiel auf der Webseite von Bio Austria.

Wie wirkt sich Zero Waste auf unsere Gesundheit aus?

Zero Waste hat Einfluss auf unseren Lebensstil – und darüber auch auf unsere Gesundheit: Wenn du verpackungsarm einkaufst, kaufst du automatisch weniger verarbeitete Lebensmittel, was in der Regel gesünder ist: Du isst mehr Gemüse und machst mehr selber. Secondhand-Kleidung ist zum Beispiel auch um einiges schadstoffärmer als neue Kleidung, die teilweise stark belastet ist. Diese Schadstoffe nehmen wir über unser größtes Organ, die Haut, auf.

Gibt es ein Land, das als Vorreiter der Bewegung gilt?

Zero Waste France hat viel Beeindruckendes auf die Beine gestellt. Bea Johnson von Zero Waste Home – eine sehr bekannte Vertreterin der Bewegung, die auch schon ein Buch geschrieben hat – ist auch aus Frankreich. Vielleicht ist das kein Zufall. Was der Bewegung hilft, ist die „back to the roots“-Einstellung. Je hipper das ist, desto mehr Menschen interessieren sich auch für ein „weniger ist mehr“. Denn früher haben wir nicht so viele Ressourcen verschwendet.

Wie sieht deine Vision für ein Zero Waste Österreich aus?

Unsere Vision ist es, Zero Waste noch bekannter zu machen, Projekte auf allen Ebenen anzuschieben und dazu beizutragen, dass Österreich zu einem Vorreiterland bei der Schonung der Ressourcen und der Vermeidung von Abfall wird.

Mehr über die Projekte von Zero Waste Austria findest du hier.

Diese 5 Tipps helfen dir Abfall zu vermeiden:

  1. Trinkflasche einstecken
  2. Einkaufsbeutel immer dabei haben
  3. In Geschäften nach Unverpacktem suchen
  4. Eine wiederverwendbare Lunchbox für unterwegs mitnehmen
  5. Seife statt flüssige Reinigungsmittel für Hände, Körper und Haare verwenden