„Jeder hat eine Leidenschaft in sich“

Erfolg im Sport und Erfolg im Beruf – da gibt es viele Parallelen, sagt Buchautor und Unternehmensberater Peter Huber. Auf den Antrieb kommt es an, davon ist der 47-jährige Triathlet überzeugt.

Peter Huber: Autor, Manager, Coach und – Radsportler
© Ingrid Amon

Peter Huber: Autor, Manager, Coach und – Radsportler

Herr Huber, sind Leistungssportler erfolgreicher im Job als unsportliche Menschen?

Ich denke, dass es einen Unterschied macht, ob man eine Leidenschaft für eine Sache hat oder nicht. Ein Leistungssportler investiert viel Zeit in seinen Sport, trainiert intensiv mit dem Ziel, eine hohe Leistung zu erreichen. Die Fokussierung auf den sportlichen Erfolg unterscheidet ihn von anderen. Das können Sie aber auch auf einen Musiker übertragen. Das wichtige ist also nicht der Sport, sondern dass man sich leidenschaftlich mit einer Aufgabe auseinandersetzt und immer besser und besser werden will. Das macht einen Menschen auch im Job erfolgreich.

Gibt es weitere Parallelen, was man aus dem Sport für den beruflichen Erfolg lernen kann?

Die Leidenschaft ist die erste Parallele, insgesamt sehe ich fünf: Die zweite ist die Willensstärke: Ein Leistungssportler überwindet Widerstände und geht auch dann trainieren, wenn das Wetter schlecht ist. Dann ist die Umsetzungsstärke wichtig, man braucht einen guten Plan mit dem Fokus, die eigenen Stärken weiterzuentwickeln. Weiters kommt es auf das Potenzialbewusstsein an: Ein Leistungssportler schätzt sich realistisch ein und reflektiert, wo seine Stärken und Schwächen sind, damit er an sich arbeiten kann. Und schließlich nimmt er die Vorbildrolle an: Es wird immer wichtiger, ein Vorbild für junge Leute zu sein. Das unterscheidet einen egoistischen Leistungssportler von einem Siegertyp.

Wie meinen Sie das?

Leistungssport wird oft mit Verbissenheit und Ellenbogenmentalität in Verbindung gebracht. Der positive Siegertyp hingegen ist integer, steht für seine Werte und nimmt seine Rolle als Vorbild wahr. Das sind die Elemente, die einen Leistungssportler auf das nächste Level heben.

Was kann man also aus dem Leistungssport für den Job lernen?

Ein wesentlicher Punkt ist die Motivation. Einen Leistungssportler ist intrinsisch motiviert , also aus sich selbst heraus. Keiner betreibt erfolgreich Leistungssport für die Prämie oder das Sponsoring. Ohne den inneren Antrieb kann ein Leistungssportler nicht konsequent den Einsatz zeigen, den er in schwierigen Situationen braucht. Auch im Business muss man sich die Frage stellen: Wo liegen meine Motivationsquellen? Was ist mein persönlicher Antrieb, was ist meine Energiequelle? Erfolgversprechend ist es, wenn es die Aufgabe ist oder das Umfeld. Anders sieht es aus, wenn es externe Faktoren wie das Gehalt sind. Ich brauche eine innere Motivation.

Peter Huber beim Training
© Ingrid Amon

Peter Huber beim Training

Kommt es auch darauf an, wie man Erfolg definiert?

So ist es. Die Frage ist, leben wir in einer Leistungsgesellschaft oder in einer Erfolgsgesellschaft? Zählt die persönlich erbrachte Leistung oder allein, ob ein Auftrag erfolgreich abgeschlossen wurde, oder nicht? Im Fußball erleben wir das oft: Da steht der Trainer neben dem Spielfeld und sagt: ,Unsere Leistung war exzellent, aber es hat heute nicht gereicht.‘ Die Ergebnisse zählen und weniger die Leistung. Durch die Digitalisierung wird dies weiter forciert, denn es gibt immer mehr Daten und Zahlen und die persönliche Leistung findet weniger Beachtung. Das Arbeitsergebnis wird aber stark von den Rahmenbedingungen beeinflusst, wie zum Beispiel von Überlastung, unzufriedenen Kunden oder schlechter Führung.

Was bedeutet das für die Führung?

Gute Führung bedeutet, nah am Mitarbeiter und nah am Kunden zu sein. Das heißt wie der Trainer am Spielfeldrand zu stehen und das Ganze im Blick zu behalten. Ein Leistungssportler ist es gewöhnt, dass man seine Leistungsfähigkeit mit digitalen Technologien erfasst, seinen Puls misst, seine Laufgeschwindigkeiten dokumentiert, seine Pausen und seine Ernährung vorgibt. Im Arbeitsleben fühlen sich viele Mitarbeiter jedoch kontrolliert durch die IT-Systeme, weil die erfassten Daten oftmals von den Führungskräften vorschnell beurteilt werden. Die Digitalisierung macht alles transparenter. Ähnlich wie ein Leistungssportler können wir in einem Unternehmen die Haltung einnehme, diese Daten zu nutzen, um gemeinsam besser zu werden. Dazu braucht es eine neue Perspektive und oft ein individuelles Gespräch. Der Mitarbeiter darf nicht allein aufgrund der Daten beurteilt werden, die Daten sollten vielmehr dazu dienen, zu Erkennen wo die Schwächen liegen – auch in den Prozessen, um dann an den Schwächen und den Prozessen zu arbeiten. Wir brauchen eine Haltung, die die Digitalisierung als Chance sieht und nicht nur als Kontrollelement. Gleichzeitig brauchen wir aber auch eine neue Einstellung zu Schwächen oder Fehlern. Wenn wir den Fehler nur als Niederlage sehen, dann werden wir uns nicht verbessern. Die richtige Einstellung zu den eigenen Defiziten unterscheidet ja auch, ob ein Sportler in der Regionalliga bleibt oder zur Weltklasse aufsteigt.

Sie sagen, dass Leistungssportler Technik gegenüber aufgeschlossener sind, als viele Profis in ihrem Job?

Ein Beispiel: Kennen Sie jemanden, der von sich sagt, er habe zu viel Zeit? Wahrscheinlich nicht. Dabei nutzen die meisten Menschen die technischen Möglichkeiten ihrer EDV-Programme am bestehenden Arbeitsplatz nicht, die ihnen einen Zeitvorteil bringen. Das unterscheidet den Amateur vom Profi. Ein Leistungssportler setzt sich intensiv mit seiner Ausrüstung auseinander und versucht immer, sie und seinen Umgang mit ihr zu optimieren. Jeder Leistungssportler auf Weltklasse-Niveau beherrscht seine Ausrüstung zu hundert Prozent. Hier sehe ich bei den meisten Menschen am Arbeitsplatz noch viel Potenzial zur Steigerung der eigenen Leistungsfähigkeit aber auch zu Stressreduktion.

Kann der Sport mir helfen, einen Ausgleich für einen stressigen Job zu schaffen?

Sport ist immer eine wichtige Variante, um in Bewegung zu kommen. Wenn der Körper in Bewegung kommt, kommt auch der Geist in Bewegung. Die Frage ist nur, mit welcher Intensität man an die Sache herangeht und mit welchem Ziel. Ich sehe oft gestresste Manager, die mit Triathlon anfangen und auf einmal ist die Bestzeit der Antrieb und sie wollen von Wettkampf zu Wettkampf immer besser werden. Dann haben sie denselben Stress im Sport wie im Business. So funktioniert der Ausgleich nicht. Ich fahre zum Beispiel Rennrad, weil das Rauschen des Fahrtwindes und die Bewegung in der Natur für mich etwas Spirituelles haben. Das Radfahren hilft mir, meine Gedanken kreisen zu lassen. Jeder sollte neugierig sein und so viele Dinge ausprobieren, bis er die Sache findet, die ihn begeistert. Vielleicht ist es nicht der Sport, sondern die Musik oder anderen Menschen zu helfen. Jeder hat eine Leidenschaft in sich. Die finde ich aber nur, wenn ich nach ihr suche.

Zur Person:

Peter Huber ist 1972 in Wels in Oberösterreich geboren und lebt in Linz. Er ist Buchautor, Manager, Coach, Vortrags­redner und führt sein Beratungsunternehmens NBD Management in Wien. Gerade ist sein neues Buch „Potenzialentfaltung und Burnout-Prävention im Vertrieb“ bei Springer Gabler (271 Seiten; 35,97 Euro) erschienen.
Informationen finden Sie unter: www.siegerprinzip.com.