„Veränderungsprozesse entstehen im Kopf“

Die innere Haltung hat Einfluss auf Gesundheit und beruflichen Erfolg. Davon ist Stefan Rosenauer überzeugt. Der Coach und Mentaltrainer zahlreicher Spitzensportler erklärt, wie du mentale Prozesse bewusst einsetzen kannst.

Coach und Mentalrainer Stefan Rosenauer
©Florian Holter

Coach und Mentalrainer Stefan Rosenauer

Herr Rosenauer, Sie sagen, Gesundheit beginnt im Kopf. Wie meinen Sie das?

Es ist ganz entscheidend, mit welcher Einstellung wir an die Welt herangehen, wie wir mit Situationen umgehen und welche Entscheidungen wir treffen. Wie wir gedanklich an etwas herangehen, spiegelt sich auch in unserer Gesundheit. Natürlich hängt unsere Gesundheit auch von der Ernährung, dem Umfeld, von Emotionen und der Konstitution ab. Aber die Gedanken sind ein wesentlicher Aspekt, denn Veränderungsprozesse entstehen im Kopf.

Wie kann unser Kopf – also unser Denken – uns unterstützen?

Wir glauben immer, dass wir vieles bewusst entscheiden, aber das meiste läuft nach einem Muster oder Algorithmus ab, woran dann Prozesse gekoppelt sind, die sich im Körper fortsetzen. Ein Mensch trifft an einem Tag zwischen 10.000 und mehreren Millionen Entscheidungen. Die meisten Experten gehen von etwa 100.000 aus. Den größten Teil der Entscheidungen treffen wir unbewusst. Wir lernen einmal ein Muster und dann wenden wir es automatisch an, wie zum Beispiel beim Autofahren. Wir können Muster aber nur durchbrechen, wenn wir uns bewusst mit ihnen auseinandersetzen. Wir müssen uns fragen, was wir eigentlich tun. Wenn wir das nicht machen, ist es schwierig, neue Entscheidungen zu treffen. Die Hypothese in meiner Arbeit als Coach ist ausgeborgt aus der Physik. Sie besagt, dass es in der Natur nichts doppelt gibt. Es gibt keine zwei Steine, die identisch sind und es gibt auch keine zwei Menschen, die das sind. Jeder hat eine ureigene Resonanz. Wenn man sich nach dieser Resonanz entwickelt, dann hat man die beste Möglichkeit, sich gesund oder den eigenen Talenten entsprechend zu entfalten und mit Freude und Achtsamkeit in der Gemeinschaft zu leben. Im Coaching geht es darum, Entscheidungen gemäß der eigenen Resonanz zu treffen und in Verbindung mit anderen, in Resonanz zu treten.

Wie können wir diese mentalen Prozesse bewusst steuern, um uns besser zu fühlen oder gar wieder gesund zu werden?

Mit dieser Frage beschäftigt sich seit vielen Jahren die Wissenschaft der Psychoneuroimmunologie mit unglaublichen Ergebnissen. Kurz gesagt: Die eigenen Gedanken können einen wirklich wesentlichen Beitrag für die Gesundheit leisten. Mentale Prozesse wirken auf unser Immunsystem und machen uns stark oder schwach. Die innere Haltung, die man einer Sache oder Person gegenüber hat, macht den Unterschied. Wie man eine für sich gesunde innere Haltung findet, lernt man im Coaching oder in unseren Seminaren. 
Beim Coaching geht es immer um folgende Schritte: Erstens finden wir heraus, worum es geht, ob es ein Problem oder eine Blockade gibt, für das oder die der Klient eine Lösung sucht. Zweitens schauen wir uns an, was da eigentlich passiert, wie der gedankliche Prozess abläuft und welche Muster die Entscheidungen beeinflussen. Drittens überlegen wir uns, wie das Problem gelöst werden kann. Und viertens definieren wir, was der Klient stattdessen tun möchte. Denn nur etwas nicht mehr zu wollen, ist keine ausreichende Anleitung. Wenn ein Paar viel streitet und nicht mehr streiten will, müssen sie wissen, was sie stattdessen tun wollen, wie sie sich mit ihren unterschiedlichen Meinungen oder Bedürfnisse auseinandersetzen wollen. Wenn ich keine Vision habe, muss ich mich wiederholen und mache dann so weiter wie bisher. 

Können alle Menschen diese Blockaden lösen oder ist es für Menschen, die zum Beispiel besonders viele negative Gedanken haben, schwerer?

Es ist für alle Menschen aus jeder Altersklasse möglich. Entscheidend ist, wie sehr jemand Interesse hat, sich auf die Suche nach etwas Neuem zu machen. Die Bereitschaft ist ausschlaggebend. In der Praxis ist es natürlich so, dass sich manche Leute leichter tun und andere schwerer. Es geht darum zu hinterfragen, welche Regeln man im Kopf hat und ob die Regeln es einem erlauben, neu zu handeln oder nicht. Je nachdem, wie das Umfeld geprägt ist, fällt es uns schwer, etwas Neues zu kreieren. Im Spitzensport sind Rekorde ein Konzept im Kopf, das wie eine Schallmauer wirkt, die nicht durchbrochen werden kann. Wenn dann plötzlich ein Sportler oder eine Sportlerin kommt und sagt, ist mir doch egal, ich lauf schneller und den Rekord tatsächlich bricht, durchbrechen häufig kurz darauf ganz viele diese Schallmauer.

Welche Menschen kommen zu Ihnen und was ist ihre Motivation?

Meine Klienten kommen zu einem kleinen Teil aus dem Spitzensport und zu einem größeren Teil sind es Einzelpersonen und Teams in Unternehmen. Die meisten tragen eine Hoffnung in sich, dass sie etwas verbessern wollen, dass Dinge sinnvoller werden. Manche Menschen tragen Talente in sich, wissen aber noch nicht, welche das sind oder sie haben noch keine Idee, wie sie ihre Talente ausleben können. Im Sport geht es darum, zu einem bestimmten Punkt die optimale Leistung abrufen können. Das sind spezielle mentale und emotionale Faktoren, an denen wir dann arbeiten.

Team-Meeting: auch die Erfolge beachten

Team-Meeting: auch die Erfolge beachten

Wie kann ich mentale Prozesse für meinen beruflichen Erfolg nutzen?

Das einfachste ist wahrscheinlich, dass man bewusst entscheidet, wie man den Tag beginnt, oder mit welcher inneren Haltung man in ein Gespräch geht. Wenn man sich über andere ärgert, dass man sich dann bewusst überlegt, was diese gut können. Das hat nichts mit positivem Denken zu tun, sondern mit der Entscheidung, nicht nur auf negative Dinge zu achten. Es ist meine Entscheidung, ob ich jemanden heute noch vorwerfe, was er vor fünf Jahren falsch gemacht hat oder ob ich darauf achte, was er heute gut macht. Ich kenne zum Beispiel ein Team in einem Unternehmen, das sein wöchentliches Meeting so gestaltet, dass sich am Anfang alle kurz gegenseitig von ihren kleinen oder größeren Erfolgen erzählen. Und die Person, der man es zuletzt erzählt hat, die erzählt das dann vor dem gesamten Team. Auf diese Weise fühle sich jeder sofort wertgeschätzt. Diese Meetings laufen atmosphärisch und inhaltlich schneller und erfolgreicher ab

Kann ich auch andere Menschen durch meine Haltung positiv beeinflussen und wenn ja, wie?

Die innere Haltung hat einen wesentlichen Einfluss auf das äußere Verhalten und darauf, wie wir Atmosphäre gestalten. Um eine Stimmung im Team kaputt zu machen, braucht es nur eine Person. Umgekehrt ist es aber auch so, dass es nur eine Person braucht, damit die Stimmung gut ist. Für eine gute Stimmung muss man aber bewusster agieren, man braucht Zuversicht und bewusste Entscheidungen. Das kann man bei Fußballtrainern sehr gut sehen. Ein schlechter Trainer steht an der Außenlinie und schreit die schlechten Spieler an, dass sie schlecht spielen. Ein guter Trainer unterstützt die Spieler bis zur letzten Minute und vermittelt die Zuversicht, dass sie es noch schaffen können. Unsere innere Haltung ist immer relevant für das, was wir tun und wie wir handeln. Wer Begeisterung und Zuversicht in sich trägt und ausstrahlt, wird Zuversicht und Begeisterung in seinem Umfeld erleben

 

Ein guter Trainer vermittelt Zuversicht.

Ein guter Trainer vermittelt Zuversicht.

Sie arbeiten auch mit Kindern und Jugendlichen. Fällt es Kindern leichter oder schwerer Denkmuster zu ändern?

Unsere Erfahrung ist, dass sich Kinder viel leichter tun, weil sie noch nicht so festgefahrene Meinungen über die Welt und ihre Möglichkeiten darin haben. Deshalb haben sie auch einen natürlicheren Zugang zu ihren Fähigkeiten. Wenn sich Judengliche und junge Erwachsenen früh mit ihren Denkmustern auseinandersetzen, profitieren sie ihr Leben lang davon und tun sich zum Beispiel viel leichter, Schwierigkeiten zu bewältigen.

Gibt es einen einfachen Gedankenansatz, den unsere Leser ausprobieren können und der zu mehr Lebensqualität führen kann?

Sehr einfach und wirksam ist es, den Menschen, mit denen man viel Zeit verbringt, kleine Freundlichkeiten und kleine Komplimente zukommen zu lassen. Dinge zu würdigen, die andere Menschen machen, auch wenn es scheinbar etwas ganz Normales ist, weil die Personen sie immer machen. Man kann sehr große atmosphärische Veränderungen hervorrufen, wenn man seinen Lieben oder den Kollegen im Büro sagt, was man an ihnen gut findet.

 

Zur Person:
Mag. Stefan Rosenauer ist Coach und Trainer für Kommunikation und Mentaltraining. Er betreut Olympiasieger und Sportmannschaften genauso wie Führungskräfte und Teams in Unternehmen. Sein Spezialgebiet ist das Lösen von mentalen Blockaden und das Entwickeln der eigenen Talente und Fähigkeiten, um Beziehungen und das Leben sinnvoll zu gestalten. In Vorträgen, Kursen und Einzelcoachings vermittelt er wie man mentale Stärke entwickeln und nützen kann.