Fit im Frühling – Was tun gegen Frühjahrsmüdigkeit?

Der Frühling ist eine Zeit des Erwachens und der Erneuerung, doch viele fühlen sich ständig müde und antriebslos. Wir fragen die renommierte Medizinjournalistin und Buchautorin Dr. Christine Hutterer nach den Ursachen und ihren Tipps gegen Frühjahrsmüdigkeit.

Paradox: Müdigkeit trotz längerer Tage und höherer Temperaturen

Paradox: Müdigkeit trotz längerer Tage und höherer Temperaturen

Was verursacht die Frühjahrsmüdigkeit?

Frage: Frau Hutterer, was verursacht Frühjahrsmüdigkeit? Eigentlich müssten wir doch angesichts längerer Tage und höherer Temperaturen im Frühjahr an Energie gewinnen.

Das ist eine gute Frage. Bis ins Detail kennt man die Ursachen noch nicht. Vermutet wird, dass ein vorübergehendes Ungleichgewicht von zwei Hormonen beteiligt ist. Nämlich das „Schlafhormon“ Melatonin, das bei Dunkelheit ausgeschüttet wird, und das „Glückshormon“ Serotonin. Wenn die Tage wieder länger werden, dauert es eine Weile, bis ein neues Gleichgewicht hergestellt ist. Manche Menschen reagieren darauf mit Müdigkeit.

Auch Temperaturschwankungen machen manchen Menschen zu schaffen. Bei höheren Temperaturen weitet der Körper die Blutgefäße und der Blutdruck sinkt. Das kann ein Schlappheitsgefühl zur Folge haben. Zu guter Letzt sind die Vitamin-D-Speicher nach dem Winter leer. Von Oktober bis März produziert der Körper wegen des niedrigen Sonnenstands und langer Kleidung zu wenig Vitamin D. Viele Menschen haben dann einen Vitamin-D-Mangel. Anzeichen dafür sind unter anderem Müdigkeit und ein geschwächtes Immunsystem.

Frage: Welche Menschen sind besonders von Frühjahrsmüdigkeit betroffen und welche weniger? Gibt es Risikogruppen?

Risikogruppen im herkömmlichen Sinn gibt es nicht. Wie Menschen auf die körperlichen und klimatischen Veränderungen reagieren, ist sehr individuell. Natürlich hängt es auch von der allgemeinen Stimmung ab. Ist man gerade verliebt oder steckt man in einer belastenden Phase? Je nachdem wird man die Frühjahrsmüdigkeit mehr oder weniger spüren.

Die in München lebende Biologin und Medizinjournalistin Dr. Christine Hutterer vermittelt in Zeitungsartikeln, Büchern und Vorträgen Themen aus Naturwissenschaft und Medizin unterhaltsam und leicht verständlich. Ihre Schwerpunkte sind Sportmedizin, medizinisches Cannabis sowie und Rat für Angehörige von Menschen mit Depressionen oder Alkoholerkrankungen.

www.christine-hutterer.de

Was tun gegen Frühjahrsmüdigkeit?

Frage: Wie können wir Frühjahrsmüdigkeit vorbeugen oder sie abschütteln? Wie kommen wir im Frühjahr wieder in Schwung?

Trotz Müdigkeit aktiv zu bleiben und vor allem viel Sonnenlicht zu tanken oder alternativ eine Tageslichtlampe zu nutzen, kann dem Körper die Umstellung erleichtern.

Den Kreislauf in Schwung zu bringen, ist ein gutes Mittel, um sich frischer zu fühlen. Wechselduschen machen wach. Flotte Spaziergänge, regelmäßiger Sport – am besten an der frischen Luft, Tanzen, das alles hilft.

Wichtig ist aber auch: Wenn die Müdigkeit nach einigen Wochen nicht besser wird, sollte ein Arzt kontaktiert werden. Denn auch ein Mangel an Vitaminen oder Mineralstoffen (zum Beispiel B-Vitamine und Eisen), Schilddrüsenerkrankungen oder eine Depression können hinter der Müdigkeit stecken. Dann ist eine Behandlung notwendig.

Frage: Sollten wir im Frühjahr länger schlafen als sonst?

Guter und ausreichend langer Schlaf ist das ganze Jahr über wichtig. Sieben bis acht Stunden sind optimal.

Frage: Worauf müssen wir im Frühjahr bei der Ernährung achten? Gibt es Nahrungsmittel, die wir im Frühjahr in besonderem Maß zu uns nehmen - oder meiden sollten?

Da wir ganzjährig vielfältiges Gemüse und Obst bekommen können, haben wir heutzutage im Winter eigentlich keinen Vitaminmangel mehr. Mit dunkler Schokolade in Maßen, Walnüssen und Avocados kann man die Aminosäure Tryptophan zu sich nehmen, die für die Bildung von Serotonin wichtig ist.

Frage: Vor Ostern liegt die katholische Fastenzeit. Heute fasten im Frühjahr viele Menschen aus gesundheitlichen Gründen. Der Nutzen ist umstritten. Was sagen Sie – macht Fasten fit?

Sagen wir es so: Viele Menschen fühlen sich durch Intervallfasten oder komplettes Fasten fitter. Wissenschaftlich ist der Nutzen nicht eindeutig bewiesen. Auf jeden Fall ist das Fasten ein starker Reiz für den Körper, der bestimmte Effekte auf den Stoffwechsel und das Immunsystem hat, teilweise günstige, in manchen Fällen auch ungünstige. Wichtig ist, nicht dauerhaft zu wenig Nährstoffe zu sich zu nehmen.

Im Netz kursieren als Hausmittel gegen Frühjahrsmüdigkeit Eisenquellen wie Samen, Kerne, Nüsse und Vollkorngetreide sowie Hülsenfrüchte, Brennnessel, Löwenzahn und Bärlauch. Ist an solchen Empfehlungen irgendetwas dran? 

Nein, das ist reine Spekulation. Es ist ganzjährig sinnvoll, vollwertige Lebensmittel mit gesunden Fette in Form von Nüssen oder Samen sowie Ballaststoffe, Mineralstoffe und Vitamine über Vollkorngetreide und Gemüse zu sich zu nehmen. Eisen hat aber vermutlich keinen Einfluss auf die Frühjahrsmüdigkeit – außer natürlich, die Müdigkeit kommt von einem Eisenmangel und der fällt zufällig in den Frühling.

Vielen Dank für das Gespräch!

Dr. Christine Hutter hat u.a. diese Bücher veröffentlicht:

Für ein fittes Immunsystem
Eine Reise in das Immunsystem in sechs Kapiteln. Basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen erfahren die Leser:innen, woraus unsere Immunabwehr besteht, wie sie funktioniert, warum das Immunsystem von Frauen stärker ist als das von Männern, was es beeinträchtigt und wie es wissenschaftlich nachgewiesen unterstützt werden kann.

Mein Immuntagebuch
Zu oft, zu lang, zu heftig krank? Mithilfe dieses Mitmachbuchs trackst du alle Lebensbereiche, die die Immunfunktion beeinflussen. Durch Immun-Tracking verfolgst du, wie dein Körper auf welche Reize reagiert, lernst deine Immunabwehr besser kennen und findest heraus, welche Hebel du nutzen kannst, um deine Körperabwehr zu verbessern.

Tipp: Lies auch unsere Sechs Tipps für einen erholsamen Schlaf