Bauen nach Niedrigstenergiestandard:
2021 tritt die EU-Gebäuderichtlinie in Kraft.

(Artikel vom 29.6.2020)

Seit 2021 dürfen Neubauten fast keine Energie mehr verbrauchen. Niedrigstenergiehäuser werden zum neuen Standard. MEIN LEBEN erklärt, was du beachten musst, wenn du ein Haus bauen oder das bestehende Eigenheim sanieren möchtest.

Energie-Effizienz durch Dämmung von Dach, Außenwänden und Fenstern

Energie-Effizienz durch Dämmung von Dach, Außenwänden und Fenstern

Wusstest du, dass das Heizen und Kühlen von Gebäuden ungefähr 40 Prozent des Energieverbrauchs ausmacht und für 36 Prozent der CO2-Emissionen in Europa verantwortlich ist? Hier steckt also sehr viel Potenzial, wenn man den Klimawandel wirksam bekämpfen will. Ab dem Jahr 2021 dürfen daher in allen Mitgliedstaaten der EU Neubauten nur noch als Niedrigstenergiegebäude errichtet werden. Neben den positiven Auswirkungen auf das Klima versprechen sich die Mitgliedstaaten davon auch neuen Schwung für die Wirtschaft und eine Senkung der Energiekosten für die Bürger.

Was ist ein Niedrigstenergiehaus?

Die EU-Richtlinie lässt den Mitgliedstaaten einen Gestaltungsspielraum bei der Definition des Niedrigstenergiestandards. In Österreich gibt es hierfür eine klare Einteilung. Als Niedrigenergiehaus (ohne st) werden jene Gebäude bezeichnet, die einen Heizwärmebedarf von weniger als 50 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr haben. Im Rahmen der Wohnbauförderung wird das Niedrigstenergiegebäude als ein Einfamilienhaus oder ein Reihenhaus definiert, das eine Energiekennzahl von 30 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr unterschreitet.

Diese Standards gelten in Österreich

Wolfgang Thoma ist Diplom-Ingenieur und arbeitet als Referatsleiter für Bauphysik beim Österreichischen Institut für Bautechnik (OIB). Sein Institut hat die Mindestanforderungen bei Neubau und Sanierung erstellt. Die OIB-­Richtlinie 6 definiert die bautechnischen Standards. „Die OIB-Richtlinie 6 legt die Heizwärmebedarfs-Anforderungen individuell nach Gebäude fest. Diese beziehen sich auf das Verhältnis von Volumen zu Oberfläche. Je größer die Oberfläche im Verhältnis zum Volumen wird, desto wichtiger wird der Aspekt Dämmung“, erläutert Thoma. Seit 2021 ist eine im Vergleich zu den bisherigen Standards deutlich verbesserte thermische Gebäudehülle, sprich: Dämmung von Dach, Außenwänden und Fenstern sowie eine effiziente Gebäudetechnik erforderlich.

Thermografien von Häusern. Links: gute Wärmedämmung, rechts: mangelhafte Dämmung

Thermografien von Häusern. Links: gute Wärmedämmung, rechts: mangelhafte Dämmung

Gleichzeitig ergibt sich aus der OIB-Richtlinie die Notwendigkeit, die Gebäudeoberfläche durch eine kompakte Bauweise möglichst gering zu halten. Auf Details wie Erker, Loggien oder Dachgaupen  wird man in Zukunft also eher verzichten. „Bei den Heizsystemen sind bereits seit 2020 fossile Öl- und Kohleheizungen in Neubauten verboten. Zukünftig soll dies auch für fossiles Gas gelten,“ sagt Thoma. Der Wärmebedarf für Raumheizung kann durch Einsatz von erneuerbarer Energie wie Pelletöfen oder pelletgespeisten Zentralheizungen, Photovoltaik, thermischer Solarenergie oder Erdwärme ersetzt werden, in der Stadt auch durch Fernwärme.

Energie aus erneuerbaren Quellen: Sonnenenergie und Wärmepumpen

Energie aus erneuerbaren Quellen: Sonnenenergie und Wärmepumpen

Der Energieverbrauch soll außerdem durch die Ausrichtung des Hauses nach Süden gesenkt werden. So wird die Sonneneinstrahlung optimal genutzt.

Auch die Wahl der Baustoffe wirkt sich auf die energetische Gesamtbilanz positiv aus. Je nach Dämmstoff kann mehr Energie eingespart werden, als insgesamt von der Fertigung des Baustoffs bis zur Entsorgung benötigt wird. Der Ökoindex für Baustoffe listet Zu- und Abflüsse von Energie und anderen Stoffen auf und errechnet die Auswirkungen auf die Umwelt. 

Energieausweis in Österreich

Pflicht seit 2012: Energieausweis

Pflicht seit 2012: Energieausweis

Bereits seit 2012 muss in Österreich bei der Vermietung, Verpachtung oder beim Verkauf von Häusern, Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten ein Energieausweis vorgelegt und ausgehändigt werden. Im Energieausweis wird die Gesamtenergieeffizienz eines Hauses dokumentiert. Er gibt Auskunft über die wichtigsten Kennwerte wie Heizwärmebedarf, Primärenergiebedarf, CO2-Emissionen und den Gesamtenergieeffizienzfaktor eines Gebäudes oder eines Gebäudeteils.

Wird Bauen teurer?

Die Frage, ob Niedrigstenergiehäuser mehr kosten als konventionelle Bauten, kann nicht pauschal beantwortet werden. „In der Modellberechnung ist das Bauen eines Niedrigstenergiegebäudes im Vergleich zum konventionellen Bauen kostenneutral“, sagt Wolfgang Thoma. „Mehr Dämmung bedeutet weniger Energie für die Heizung und somit Einsparung von Energiekosten. Wie hoch die Energieeinsparung tatsächlich sein wird, ist natürlich abhängig vom Verhalten der Nutzer.“

Für die Kalkulation müssen auch die umfangreichen Fördermittel, die Bund und Länder für verschiedene Energieeffizienzmaßnahmen anbieten, mitbetrachtet werden. Besonders hervorzuheben ist hierbei die Förderung von Photovoltaik, die einen bedeutenden Beitrag zur Nutzung erneuerbarer Energie in Niedrigstenergiehäusern leisten können. Der Bund hat ein starkes Interesse an der Förderung der Energieeffizienz in Wohngebäuden. Mit den staatlichen Fördermitteln lässt sich die benötigte Investitionssumme deutlich senken. Bei den Förderprogrammen gibt es von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Regelungen. 

Wer sich über Fördermöglichkeiten informieren will, dem empfiehlt Thoma: „Jeder kann sich bei den Energieberatungsstellen in den verschiedenen Bundesländern und bei den Wohnbauförderstellen beraten lassen. Aber auch Architekten und Baumeister kennen sich aus und können Auskunft geben." Du interessierst dich für eine Finanzierung für deine Bauvorhaben? Die Wüstenrot-Finanzberaterinnen und Berater kennen sich auch mit Fördermitteln und Förderhöhen aus und können dich qualifiziert zu diesen Themen beraten.

Hier findest du die Wohnbauförderungen für dein Bundesland:

Lesetipp:
Nützliche Tipps für die Wärmedämmung im Zuge einer Sanierung findest du in unserem Artikel Richtig Dämmen – so hält dein Haus dicht.