Heißer Untergrund -
Geothermie für Wien

Der Boden unter der Stadt Wien ist heiß – im wahrsten Sinne des Wortes. Heißes Wasser aus dem Erdboden soll genutzt werden, um den Wärmebedarf der Hauptstadt zu decken.

3-D-Modell des Wasservorkommen im „Aderklaaer Konglomerat” unter Wien

3-D-Modell des Wasservorkommen im „Aderklaaer Konglomerat” unter Wien

Energie aus der Tiefe der Erde: In Wien könnte das in Bälde schon möglich sein. Denn die österreichische Hauptstadt ruht auf einem See aus heißem Wasser. Nun wollen Forscher herausfinden, ob sich der Wärmeschatz unter Wien zur Beheizung von Wohnungen und Büros nutzen lässt.

Schallmessungen im Untergrund

Dafür erforscht der Energiedienstleister Wien Energie mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie den geologischen Untergrund im Großraum der Stadt. GeoTief Wien heißt das Projekt, das seit 2016 läuft und vom Klimaschutzministerium (BMK) gefördert wird. Dabei haben die Forscher Sensoren für seismische Messungen in die Erde gebracht. Damit wird der Untergrund beschallt, das Echo gibt Aufschlüsse über geologische Formationen.

Bis zu 100 Grad heißes Wasser 

Nun liegen konkrete Ergebnisse vor: In rund 3.000 Meter Tiefe befindet sich tatsächlich ein Heißwasservorkommen, das sich für Geothermie eignen könnte. Die Schicht, das sogenannte Aderklaaer Konglomerat entstand vor rund 20 Millionen Jahren im Wiener Becken – so nennt sich geologisch dieser Abschnitt der Donauebene zwischen Alpen und Karpaten. Wasser mit Temperaturen von bis zu 100 Grad Celsius zieht sich hier durch das unterirdische Gestein.

So funktioniert Geothermie

So funktioniert Geothermie

Ihre Erkenntnisse haben die Forscher in einem umfassenden 3-D-Modell mit detaillierten geologischen Ansichten präsentiert. Demnach erstreckt sich das Gebiet, das zur Geothermie genutzt werden könnte, von der Donaustadt bis Simmering. Die Forscher schätzen, dass bis zu 120 Megawatt thermischer Leistung aus dem Reservoir in der Tiefe gewonnen werden könnte. Das ist ungefähr doppelt so viel, wie die Müllverbrennungsanlage Spittelau derzeit ins Wiener Fernwärmenetz einspeist. 

Für das warme Wasser ist die Hitze des Erdinneren verantwortlich: Der Erdkern ist bis zu 6.000 Grad Celsius heiß. Weiter oben an der Oberfläche der Erde wird es schon gemütlicher.

In 2000 Meter Tiefe beträgt die durchschnittliche Temperatur bis zu 80 Grad Celsius, in 20 Metern Tiefe herrschen Temperaturen zwischen 10 und 12 Grad.  

Einspeisung in Wiens bestehendes Fernwärmenetz

Eine eine Geothermieanlage an der Oberfläche könnte die Hitze aus der Erde nutzen. Um das heiße Tiefenwasser zu gewinnen, müsste das Reservoir an zwei Stellen angebohrt werden: Durch eine Bohrung drückt das heiße Wasser an die Oberfläche. Dort wird ihm über einen Wärmetauscher die Wärme entzogen, die in die bestehende Wiener Fernwärmenetz an der Oberfläche eingespeist werden könne. Anschließend wird das abgekühlte Tiefenwasser durch die zweite Bohrung wieder zurückgepumpt. Der Vorteil: Dank des heißen Wassers benötigt das Kraftwerk kaum weitere Energie – die Wärme stammt aus einer absolut nachhaltigen Quelle.  
Zusätzlich zu diesen bemerkenswerten Entwicklungen in der Geothermie hat Österreich auch in die Förderung von Photovoltaik investiert, was einen weiteren bedeutenden Schritt in Richtung erneuerbare Energie darstellt.

Geothermiekraftwerk in Island
©Gretar Ívarsson

Geothermiekraftwerk in Island

Wien könnte noch energiesparsamer werden

Ob dieses Verfahren an dieser Stelle möglich ist, soll nun mit Erkundungsbohrungen geprüft werden. Der Stadt käme die Geothermie jedenfalls gelegen. Denn schon 2040 sollen rund 56 Prozent des Wärmebedarfs der Stadt über Fernwärme gedeckt werden, hat die Stadt beschlossen. Geothermie spielt dabei eine wichtige Rolle – bis zu 125.000 Wiener Haushalte sollen mit Wärme aus dieser Quelle versorgt werden. 

Dabei benötigt Wien mit seinen knapp zwei Millionen Einwohnern schon heute im Vergleich zu den anderen Bundesländern relativ wenig fossile Energie pro Kopf. Das heiße Wasser aus der Tiefe könnte helfen, den Energieverbrauch noch weiter zu senken.