Appetit auf Zukunft:
Auf dem Weg zum fleischlosen Burger

Burger aus Algen, mit Mehlwürmern oder sogar aus Luft: Überall versuchen kreative Start-ups die Fleischindustrie zu revolutionieren. Ihre Produkte sind nicht nur nachhaltig, sondern auch gesund.

Aus Soja und Algen: Dutch Weed Burger

Aus Soja und Algen: Dutch Weed Burger

Eigentlich wissen wir es längst: Wir sollten weniger Fleisch essen. Das wäre nicht nur gut für unsere Gesundheit, sondern auch für die Natur. Denn unser hoher Fleischkonsum sorgt für einen großen Teil der Treibhausgase. Laut der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) trug die Viehzucht im Jahr 2013 zu 14,5 Prozent zu den weltweiten Treibhausgasemissionen bei. Und mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Emissionen gehen hierzulande auf das Konto der Nutztierhaltung. Wenn wir zudem über Massentierhaltung, Antibiotikaeinsatz in der Fleischindustrie und die Rodung für Weideflächen nachdenken, könnte uns fast der Appetit vergehen. Fast. Wenn Würstl und Burger, Steaks und Schnitzel nur nicht so gut schmecken würden! Zum Glück wird auf Hochtouren an leckeren Alternativen geforscht, überall arbeiten kreative Start-ups daran, den Fleisch-Markt zu revolutionieren. Und das ist nicht nur für Vegetarier interessant.

Fleischersatz aus Pflanzen

Algen sehen nicht sehr appettitlich aus, sind aber sehr gesund.
© martin-dawson/unsplash

Algen sehen nicht sehr appettitlich aus, sind aber sehr gesund.

Fleischersatzprodukte auf Pflanzenbasis gibt es viele. Immer wieder kommen neue kreative Ideen hinzu. Im niederländischen Amsterdam serviert das Restaurant The Dutch Weed Burger seinen Gästen Burger aus Algen. Algen enthalten Mineralien und Proteine, die auch im Fleisch vorkommen, und gelten sowieso als Superfood der Zukunft. Der Algenburger besteht jedoch genau genommen zu 90 Prozent aus Sojabohnen und nur zu zehn Prozent aus der Braunalge Kombu Royal, auch Zuckertang genannt. Zusätzlich werden die Brötchen mit der Alge Chlorella gebacken und bekommen dadurch eine schöne grüne Farbe.

Das Schweizer Startup Planted kämpft für Hähnchenimitat auf Erbsenbasis.

Das Schweizer Startup Planted kämpft für Hähnchenimitat auf Erbsenbasis.

Frisch auf den hiesigen Markt drängt das Schweizer Startup Planted, das ein Hähnchenimitat auf Erbsenbasis anbietet. Die Fleischalternative besteht aus Gelberbsenprotein und Erbsenfasern, soll jedoch fast wie das Original Hähnchenfleisch schmecken – ohne, dass je ein Tier dafür gezüchtet und getötet wurde.

Halb Rind, halb Pilz

50% Fleisch: Bratwürste und Burger-Klops von Rebel Meat

50% Fleisch: Bratwürste und Burger-Klops von Rebel Meat

An die Zielgruppe der Flexitarier - die weniger Fleisch essen, dafür aber bewusst - richtet sich das Wiener Startup Rebel Meat. Es hat einen Ausweg gefunden für alle, die ihren Fleischkonsum reduzieren wollen, aber keine Lust auf Fleischimitate haben. Der Clou: Die Burger bestehen aus echtem Bio-Rindfleisch, aber nur zur Hälfte. Die andere Hälfte besteht aus Pilzen und Hirse. „Weniger Fleisch und mehr pflanzliche Lebensmittel zu konsumieren, ist ein einfacher Weg, seinen ganz persönlichen Beitrag gegen den Klimawandel zu leisten“, heißt es bei Rebel Meat. Die Fleisch-Rebellen setzen zudem auf nachhaltige, biologische Erzeugnisse direkt aus Österreich. 2020 landeten sie prompt unter den Top drei von Greenstart, der Startup-Initiative des Klima- und Energiefonds.

Seitlinge und Hirse, wie sie für die Burger-Patties verwendet werden, sind wertvolle Proteinquellen. Außerdem enthalten die Burger weniger Fett und Salz als ihre herkömmliche Konkurrenz. Das sind Pluspunkte für die Gesundheit. Rebel Meat arbeitet bereits an einer Erweiterung seiner Produktpalette und will demnächst eine Alternative zum Bratwürstl herausbringen. Sie soll zur Hälfte aus Pilzen und Reis bestehen.

Ein Mehlwurm-Burger aus Wien

Die Larven des Großen Schwarzkäfers werden als Zophobas oder Superworms vermarktet.

Die Larven des Großen Schwarzkäfers werden als Zophobas oder Superworms vermarktet.

Eine ganz andere Art von echtem Fleisch hat das Wiener Restaurant Le Burger im Sommer 2019 seinen Gästen präsentiert: Burger aus Mehlwürmern. Die Tiere stammten von einer Wurmfarm in Kärnten. Die Gäste waren zunächst sehr neugierig auf den „Bug Burger“, doch am Ende war die Nachfrage doch nicht groß genug. „Wir waren mit dem Angebot einfach zu früh dran“, heißt es bei Le Burger. Vielleicht entdecken die Europäer bald, was andere Länder uns voraus haben: Insekten gelten in Teilen Afrikas und Asiens längst als Delikatesse auf dem Speiseplan. Experten sind überzeugt, dass die Ernährung der stetig wachsenden Menschheit in Zukunft ohne Insekten nicht mehr möglich sein wird. Insekten sind reich an Proteinen und ihre Aufzucht ist um ein vielfaches klimafreundlicher als die moderne Viehzucht. Sie brauchen weniger Wasser, Futter und kein Weideland.

Rinderhack aus dem Labor

Das Team von Mirai Foods züchtet Fleisch im Labor.

Das Team von Mirai Foods züchtet Fleisch im Labor.

Große Hoffnungen ruhen auf einer ganz neuen Art von Fleisch, dem Clean Meat, das im Labor aus Stammzellen der Tiere gezüchtet wird. Im Vergleich zu herkömmlichem Fleisch sind die Treibhausgasemissionen sowie der Land- und Wasserverbrauch beim Laborfleisch deutlich geringer. Die Zellen werden mit einer Nährstofflösung versorgt, sodass sie sich vermehren und Muskel- und Fettfasern bilden.

Das Schweizer Start-up Mirai Foods ist nur eines von vielen, das an Clean Meat forscht. Im Sommer 2020 gab es vier Mini-Burger aus Rinderhackfleisch als Prototypen zu kosten. Den ersten Hamburger aus kultiviertem Rindfleisch hatte 2013 das niederländische Startup Mosa Meat präsentiert. Fünf Jahre und 250.000 Euro hatte es gebraucht, bis genug Fleisch für einen Burger vorhanden war. Seitdem hat sich viel getan. Schon 2022 will Mosa Meat als erstes Unternehmen kultiviertes Fleisch auf den europäischen Markt bringen. Zudem fördert die EU gerade das Forschungsprojekt Meat4All. Ziel ist es, bis 2023 Fleisch für sechs Euro pro Kilogramm auf den Markt zu bringen.

Nahrung aus Luft

Noch verrückter ist, woran das kalifornische Start-up Air Protein forscht: an einer Fleischalternative, die aus Luft besteht. Eine echte Revolution. Luftbasierte Nahrung nennen die Experten das. Die Technologie ist inspiriert von der Lebensmittelforschung der NASA. Die Luft-Bestandteile Kohlendioxid, Sauerstoff und Stickstoff werden mit Wasser und Mineralien kombiniert, in einem probiotischen Prozess entstehen daraus Nährstoffe. Am Ende soll ein Proteinmehl herauskommen, mit dem sich auch Fleisch ersetzen lässt.Noch gibt es keine Aussagen des Unternehmens, wann wir das luftbasierte Fleisch kaufen können – und zu welchem Preis.

Dennoch, bei so spannenden Fleischalternativen vergeht uns doch fast die Lust auf den schnöden Rinderburger. Fast.