Helmpflicht für Minderjährige:
Radeln mit Köpfchen

Kinder sind gerne draußen unterwegs, egal ob mit Rad oder Scooter. Wann gehört dabei ein Helm auf den Kopf? Und was passiert, wenn trotz Vorschrift keiner getragen wird? Der Verkehrsexperte Klaus Robatsch erklärt im Interview, was man in Österreich über den Kopfschutz wissen muss.

Kinder auf dem Rad: höheres Risiko für Kopfverletzungen bei Unfällen
@ iStock | Christine Glade

Kinder auf dem Rad: höheres Risiko für Kopfverletzungen bei Unfällen

Herr Robatsch, Sie klären die Öffentlichkeit schon seit Jahren über Unfallstatistiken und Verkehrssicherheit auf. Wann gehört ein Helm auf den Kopf – und wer muss ihn tragen?

Alle Kinder unter 12 Jahren müssen einen Helm aufsetzen, wenn sie mit dem Fahrrad unterwegs sind. Das gilt auch, wenn sie nur in einem Anhänger mitfahren oder auf dem Kindersitz bei den Eltern.

Verantwortlich dafür, dass das Kind den Helm tatsächlich trägt, ist die Aufsichtsperson.

Kinder dürfen ja erst mit 12 Jahren alleine Rad fahren. Wenn sie den Radfahrausweis gemacht haben, auch schon mit zehn Jahren.

Ist das bundesweit einheitlich geregelt oder gibt es Ausnahmen?

Die Helmpflicht für Fahrradfahrer ist Teil der Straßenverkehrsordnung und gilt in ganz Österreich.

Beim Skifahren ist das anders. Da legt das Bundesland fest, ob eine Helmpflicht besteht. Die gilt dann für Kinder unter 15 Jahren.

Niederösterreich hat die Helmpflicht für Radfahrer ausgeweitet. Dort gilt sie abseits der öffentlichen Straßen auch für Kinder bis 15 Jahren. Außerdem bezuschusst das Land den Kauf von Helmen und zahlt die Hälfte des Preises. Vorbildlich? Das mag empfehlenswerten Charakter haben. Es wurden sogar Helme gratis verteilt. Auf jeden Fall ist das eine positive Maßnahme. Es ist wichtig, dass möglichst viele Menschen einen Helm tragen.

Klaus Robatsch vom Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV)
@ Kuratorium für Verkehrssicherheit

Klaus Robatsch vom Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV)

Dipl.-Ing.Klaus Robatsch ist Bereichsleiter Forschung & Wissensmanagementt beim Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) . Er ist zuständig für Präventionsprojekte zu den Themen Verkehr, Sport, Heim und Freizeit. Seit 1992 klärt er die Öffentlichkeit über Unfallanalysen, Sicherheit und Risikoverhalten auf.

Wieso gilt die Vorschrift dann nur für Kinder?

Der Grund für das Gesetz war der hohe Anteil an Kopfverletzungen bei den unter 12-Jährigen. Fast jeder Zweite trug nach einem Unfall eine Kopfverletzung davon. Kinder fallen einfach anders, ihre Köpfe sind im Verhältnis viel größer. Bei den Älteren sind nur knapp 20 Prozent von solchen Blessuren betroffen. Für Kinder können diese Wunden schnell Entwicklungsstörungen nach sich ziehen.

Ziel des Gesetzes war es, rund 900 weniger Kopfverletzungen jährlich zu haben. Schon jetzt ist die Rate um ein paar Hundert pro Jahr gesunken. Bevor die Helmpflicht 2011 in Kraft trat, hatten nur etwa zwei Drittel der unter 12-Jährigen einen Helm auf. Jetzt sind es schon 87 Prozent. Ein Erfolg.

Hat es rechtliche Konsequenzen, wenn der Helm nicht getragen wird?

Es gibt keine Strafen. In der Straßenverkehrsordnung steht zusätzlich ausdrücklich, dass das Nichttragen eines Helmes kein Mitverschulden an den Folgen eines Unfalls begründet. Es hat also keine Konsequenzen.

Für Diskussionen sorgen Scooter, mit denen auch Kinder fahren dürfen. Was halten Sie davon?

Da muss man unterscheiden. Zum einen gibt es Tretroller. Für die gilt keine Helmpflicht, weil sich das Gesetz nur auf Fahrräder bezieht. Das finde ich problematisch. Denn auch jüngere Kinder fahren mit den Rollern alleine zur Schule.

Zum anderen gibt es Elektroscooter, also E-Bikes. Diese gelten als Fahrräder, sofern sie nur bis 25 km/h schnell sind. Hier gilt ganz normal die Helmpflicht bis 12.

Tipps für den Radhelm-Kauf

  • Nehme dein Kind zum Kauf im stationären Handel mit. Nicht jeder Helm passt zu jedem Kopf. Und: Der Helm muss deinem Kind gefallen. Nur dann wird es ihn auch aufsetzen.
     
  • Der Helm darf nicht verrutschen oder wackeln. Stirn, Ober- und Hinterkopf und die Schläfen müssen geschützt sein. Ohren und Gesicht müssen frei bleiben, die Sicht darf nicht beeinträchtigt sein.
     
  • Achte auf die CE-Kennzeichnung EN 1080. Sie gewährleistet die Einhaltung der gesetzlichen Sicherheitsvorgaben für Kinderhelme.
     
  • Helle Farben sind wegen der besseren Sichtbarkeit zu bevorzugen. Reflektierende Aufkleber bieten eine Sichtbarkeit bei Dunkelheit.
     
  • Helmschlösser sollten durch Laschen so abgedeckt oder gestaltet sein, dass beim Schließen die Haut nicht eingezwickt wird.
     
  • Übe mit deinem Kind das richtige Aufsetzen des Fahrradhelmes.
     
  • Gehe selbst mit gutem Beispiel vorangehen und trage einen Fahrradhelm.

Worauf muss man beim Helmkauf besonders achten?

Er muss richtig passen. Heute sind zum Glück fast alle Modelle verstellbar. Doch viele schnallen ihren Helm nicht richtig zu. Wenn er zu locker sitzt, besteht das Risiko, dass er bei einem Unfall abfällt und nicht schützt.

Tragen Sie selbst einen Helm?
Immer.

Glauben Sie, in Zukunft werden es immer mehr Menschen machen wie Sie? Auch Erwachsene?
Wir hoffen auf eine ähnliche Entwicklung wie bei den Skihelmen. Fast alle Skifahrer tragen einen Helm – auch ohne Verpflichtung. Es ist gesellschaftliche Realität geworden. Skischulen nehmen Kinder ohne Helm gar nicht mehr mit auf die Piste. Er gehört dazu. Das liegt unter anderem daran, dass Werbefotos und Sportler dieses Bild vermitteln. Zum anderen gibt es einfach lässige Helme. Sie gehören zum Outfit wie der Skianzug. Es ist wichtig, dass auch immer mehr tolle Radhelme entwickelt werden. Primär setzen wir auf Präventionsmaßnahmen. Wenn man allerdings dadurch nicht erfolgreich ist, muss man sich auch gesetzliche Regelungen überlegen.

Fahrradunfälle in Zahlen:

Pro Jahr verletzen sich in Österreich mehr als 10.000 Rad-, E-Bike- oder E-Tretroller-Fahrende. Die Zahl steigt seit Jahren an. Viele verunglückte Radfahrer werden jedoch nicht polizeilich erfasst.

Jährlich sind rund 700 Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre als Radfahrende in einen Verkehrsunfall verwickelt. 

Auch für Erwachsene lohnt sich das Tragen eines Fahrradhelms: Der Anteil an verunglückten Radelnden ohne Helm, die schwere oder tödliche Kopfverletzungen erleiden, liegt Zahlen des ÖMTC zufolge bei 57 Prozent. Bei Radfahrenden, die einen Helm getragen haben, ist diese Zahl mit 26 Prozent deutlich niedriger. Immer mehr Radler:innen verstehen das und tragen einen Kopfschutz . Doch noch sind erst 38 Prozent mit Helm unterwegs.