Ehrensache – Tiroler Bergretter im Einsatz

Bergretter zu sein, ist kein Beruf. Es ist eine Berufung. Geld verdient man damit keines. Bergretter wie Gregor Franke machen ihren anspruchsvollen Job ehrenamtlich. Dabei ist die Gefahr ihr ständiger Begleiter. Häufig geht es bei ihren Einsätzen um Leben und Tod.

Tiroler Bergretter bei der Bergung eines Verletzten

Tiroler Bergretter bei der Bergung eines Verletzten

Ob Wandern, Skitouren, Freeriden, Mountainbiken, Trailrunning oder Klettern – Outdoor boomt. Corona hat den Trend verstärkt. Zudem verbringen mehr Menschen ihren Sommerurlaub nicht mehr in der Ferne, sondern in den heimischen Bergen. Zum Beispiel in Tirol mit seiner einzigartigen Bergwelt und mehreren Tausend Kletterrouten. Für die Tourismusbranche in der Region ist das toll. Für die Ehrenamtler der Bergrettung hingegen bedeutet das viel Arbeit.

Bergretter stärker gefordert

Im Bergsommer 2020 kam es in Österreich zu 3.482 Notfällen – so viele wie nie zuvor. Zu Einsätzen führen Stürze mit dem Rad oder zu Fuß, unerwartete Wetterumschwünge, mangelhafte Tourenplanung und Menschen, die es nicht vor Einbruch der Dunkelheit ins Ziel schaffen. Für eine Rettung blockierter Personen reichen häufig schon drei Bergretter aus. An der Bergung Schwerverletzter unter widrigsten Bedingungen können im Zweifelsfall mehrere Hundert Bergretter inklusive Luftunterstützung beteiligt sein.

Das gestiegene Pensum ist nur mit optimaler Vorbereitung und einem starken Team zu bewältigen, in dem sich jeder auf den anderen blind verlassen kann, weiß Gregor Franke zu berichten. Er ist seit 2013 einer von rund 4.600 Bergrettern in Tirol, wo es landesweit die meisten Einsätze gibt. Im relativ kleinen Bergrettungsheim Hall im Karwendel-Gebirge, seiner Heimat, ist er seit drei Jahren einer von neun Einsatzleitern. Den Job macht er ehrenamtlich – wie alle fast 13.000 Bergretter in Österreich. Hauptberuflich arbeitet Gregor Franke seit 2019 administrativ in der Geschäftsstelle der Tiroler Bergrettung. Beruf und Ehrenamt auf diese Art und Weise miteinander verbinden zu können, ist für ihn ein besonderes Privileg.

Aufwachsen mit Bergsport 

Gregor Franke, Einsatzleiter im Bergrettungsheim Hall

Gregor Franke, Einsatzleiter im Bergrettungsheim Hall

Wie die meisten seiner Kameraden ist auch Gregor Franke mit dem Bergsport aufgewachsen. Kein Wunder, eine der beeindruckendsten Landschaften Europas liegt schließlich direkt vor seiner Haustür. Tirol hat die meisten Dreitausender in ganz Österreich. „Meine Eltern haben mich schon von klein auf in die Berge mitgenommen. Irgendwann kam ich dann zum Skitouren. Heute gehe ich Klettern und Bergsteigen, mache Trailrunning oder bin mit dem Mountainbike unterwegs. Ich habe hauptberuflich als Notfallsanitäter beim Roten Kreuz gearbeitet. Da war es eine logische Konsequenz, irgendwann auch Bergretter zu werden“, sagt er.

Bereit für den Einsatz

Wird der Notruf 140 abgesetzt, fragt der diensthabende Disponent in der Leitstelle nach einem strengen Protokoll alle relevanten Informationen ab und schätzt die Situation ein. Via App alarmiert er die Einsatzleiter. Wer zuerst reagiert, übernimmt und organisiert das Team. Dafür braucht es eine Menge Idealismus und Motivation. „Aber die Bergrettung hat bei uns einfach Tradition“, sagt Gregor Franke. „Das wissen auch unsere Familien und Arbeitgeber. Wenn Menschen in Not uns brauchen, ist es für jeden Bergretter Ehrensache bereit zu sein. Keiner absolviert die aufwändige Ausbildung und wird Bergretter, wenn er nicht zum Einsatz kann oder will. Dafür bekommen wir auch viel zurück: das positive Gefühl etwas Gutes zu tun, eine tolle Gemeinschaft, unzählige prägende Erlebnisse und Erfahrungen sowie eine Top-Ausbildung.“

Die Sehnsucht wächst 

Warum sich die Natur zunehmend zum Sehnsuchtsort entwickelt? Gregor Franke kann das gut verstehen: „Der Mensch hat einen natürlichen Freiheitsdrang und diese Freiheit findet man in den Bergen. Hier draußen kann man einfach abschalten, den Alltag für eine Zeit hinter sich lassen. Man kann den Kopf einfach mal auslüften. Danach bist du wieder frisch und verfällst nicht in eine ungesunde Lebensweise. Der Erholungsfaktor ist enorm.“ 

Die Kehrseite der Medaille: Es kommen immer mehr unerfahrene Menschen. Damit steigt die Gefahr von Unfällen. Ein prominentes Beispiel ist der sogenannte Infinity-Pool, eine Gumpe am Königsbach-Wasserfall oberhalb des Königssees im Berchtesgadener Land. Er ist durch Instagram zu einem Hotspot geworden. Der Massenandrang schadet nicht nur der Natur. Das Gelände ist auch nicht ungefährlich. Mehrfach warnte die Bergrettung. 2019 ertranken dann zwei Männer beim Baden. Jetzt ist der Ort für fünf Jahre für Besucher gesperrt. 

 

Höhenweg Strindenscharte, Tirol
©Klaus_Tannheim

Höhenweg Strindenscharte, Tirol

Blauäugig unterwegs 

Das Ausmaß ist neu. Mit dem Phänomen an sich sind die Bergretter aber bestens vertraut. „Die überwältigende Mehrheit der Menschen, die einen Notruf absetzen, ist blauäugig, sieht die Gefahren nicht und gerät in Panik, wenn sie in eine Extremsituation geraten“, sagt Gregor Franke. Er rät deshalb jedem, der sich in die Berge begibt, sich möglichst gut vorzubereiten. Neben einer guten Planung, ausreichend Nahrung und angemessener Ausrüstung müsse man vor allem ehrlich zu sich selbst zu sein und seine Grenzen realistisch einschätzen. „Dafür braucht man einen gewissen Erfahrungsschatz. Wenn man den nicht hat, sollte man sich auf jeden Fall an den österreichischen Alpenverein, die Naturfreunde oder einen offiziellen Bergführer wenden. Das sind Profis, die genau wissen, was sie tun.“ 

Demut am Berg

Als Einsatzleiter trägt Gregor Franke auch Verantwortung für seine Kollegen. Die Gefahr sei in den Bergen zwar ein ständiger Begleiter. „Jeder Bergretter geht auf seine individuelle Art damit um“, sagt Gregor Franke. „Ich versuche immer, bestmöglich vorbereitet zu sein und mich nicht von Emotionen leiten zu lassen, sondern jede Situation möglichst objektiv zu bewerten. Damit bin ich immer gut gefahren.“ 

Gregor Franke weiß: Am Berg lauern zahlreiche Risiken. Manche sind kalkulierbar, andere weniger. Sich bewusst zu sein, was passieren kann und dem Berg mit Demut zu begegnen, ist deshalb ratsam. Das müsse sich jeder immer wieder ins Gedächtnis rufen, der in den Bergen unterwegs ist. Denn im Zweifel ist die Natur immer stärker. Das zeigt sich auch bei neuen Gefahren wie dem Ablösen von Untergründen. Das kommt durch das zunehmende Aufweichen der Permafrostböden und den Gletscherschwund immer häufiger vor. Eine alte Bergsteiger-Weisheit ist deshalb heute noch genauso aktuell wie vor hundert Jahren: Berge lassen sich nicht bezwingen, Berge lassen dich gewähren.

 

Auch bei aller Vorsicht kann es in den Bergen zu Unfällen kommen. Die Genesung braucht oft längere Zeit. Das kann mit erheblichen Kosten verbunden sein. Sofortschutz:Unfall sichert dich für die finanziellen Folgen eines Unfalls ab. Mit Sofortleistungen, genau dann, wenn du sie brauchst: ob Einkaufsservice, Reha-Kosten oder Ersatz bei Verdienstentgang*. Das Besondere: Die Unfallfolgen-Versicherung hilft sofort. Alle Infos findest du hier.