Die große Freiheit heißt L17

Der Führerschein mit 17 macht Jugendliche mobil und unabhängig. Wir zeigen, was zu tun ist, damit aus jungen Lenkern verantwortungsvolle Verkehrsteilnehmer werden.

Der Führerschein ist das Ticket zu mehr Unabhängigkeit. In Österreich machen rund ein Viertel aller Fahranfänger den L17-Führerschein.
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Der Führerschein ist das Ticket zu mehr Unabhängigkeit. In Österreich machen rund ein Viertel aller Fahranfänger den L17-Führerschein.

Den Zündschlüssel umdrehen und einfach mal wegfahren. Egal ob zu Freunden, zum Shoppen oder in den Urlaub – ohne Auto und Führerschein sind Jugendliche für solche Aktionen meist auf die Eltern oder andere Fahrer angewiesen. Dem Freiheitsdrang entgegen kommt eine Regelung, die Jugendlichen bereits mit 17 Jahren die „Vorgezogene Lenkberechtigung für die Führerscheinklasse B“ ermöglicht. Wir erklären, was es damit auf sich hat:

Voraussetzung für den sogenannten L17-Führerschein ist, dass die jungen Fahrer bis zu ihrem 17. Lebensjahr 3.000 Kilometer Fahrpraxis absolviert, ein Logbuch geführt und nach jeweils 1.000 Kilometern eine Fahrschule besucht haben. Ist eine Begleitperson mit an Bord, können Minderjährige bereits im Alter von 15 Jahren und sechs Monaten mit der Ausbildung beginnen. Allerdings erst, nachdem sie eine Grundausbildung in einer Fahrschule erledigt haben, die aus 32 Einheiten Theorie und zwöf Einheiten Praxis besteht. Um die Führerscheinprüfung – theoretisch und praktisch – schließlich am 17. Geburtstag ablegen zu können, ist noch eine Perfektionsfahrt beziehungsweise -prüfung notwendig.

Pro und Contra L17

Unterm Strich verbuchen die jungen Autofahrer und -fahrerinnen also deutlich mehr Praxiserfahrung als die regulär zum Führerschein B gelangten Fahranfänger über 18 Jahre. Aber fahren sie deshalb auch besser?

In Österreich machen rund ein Viertel aller Fahranfänger den L17-Führerschein – vor allem in ländlichen Regionen. Auch wenn somit die weitaus größere Gruppe der Fahranfänger den klassischen Weg beschreitet, ist die neue Variante bei Jugendlichen äußerst beliebt: 86 Prozent der 17-Jährigen haben den L17. Dr. Othmar Thann, Direktor des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV), benennt ein wichtiges Ziel des L17: die Hochrisikogruppe der jungen Lenker einzugrenzen und „weg vom gefährlichen Moped hin zum geschützteren Auto“ zu bringen.

Kurz nach Einführung des L17 im Jahr 2001 veranlasste das KFV eine Studie. Das Ergebnis beschreibt Thann wie folgt: „Die 16- bis 17-jährigen Autolenker […] verursachen nicht nur um 15 Prozent weniger Unfälle. Sie fahren außerdem seltener unter Alkohol- und Drogeneinfluss, müssen seltener zur Nachschulung und begehen weniger oft Fahrerflucht als ihre 18-jährigen Kollegen.“ 

16- bis 17-jährige Autolenker verursachen 15 Prozent weniger Unfälle als 18-Jährige.

DER WEG ZUM L17

  1. Fahrschul-Anmeldung: ab 15,5 Jahren möglich
  2. Grundschulung: 32 Einheiten Theorie, zwölf Einheiten Praxis in der Fahrschule
  3. Ausbildungsfahrten mit Begleitperson: drei mal je 1.000 Kilometer, mindestens zwei Wochen lang, mit Logbuch
  4. Schulung nach je 1.000 Kilometern in der Fahrschule: Besprechung mit geschultem Fahrlehrer, gemeinsame „Ausbildungsfahrt“
  5. Nach mindestens 3.000 Kilometern: eintägiges Fahrsicherheitstraining und Perfektionsfahrt (sechs Einheiten Theorie, drei Fahrstunden)
  6. Führerscheinprüfung: theoretische Prüfung, praktische Prüfung, frühestens am 17. Geburtstag möglich
  7. Nach Erhalt des Führerscheins: eintägiges Fahrsicherheitstraining (etwa 8,5 Stunden) nach drei bis neun Monaten, Perfektionsfahrt nach sechs bis zwölf Monaten

WER DARF „BEGLEITPERSON SEIN?

  • Laienausbilder mit Näheverhältnis (Familie) zum Fahranfänger (per Antragstellung bei Führerscheinbehörde des Hauptwohnsitzes des Begleiters)
  • Inhaber des Führerscheins B seit mindestens sieben Jahren
  • Fahrzeuglenker seit mindestens drei Jahren
  • Ohne schwere Verkehrsübertretungen in den letzten drei Jahren
  • Unentgeltliche Begleitung
  • Maximal drei Fahrschüler gleichzeitig

Auch Studien anderer Staaten, in denen allerdings Fahren unter 18 Jahren nur in Begleitung möglich ist, belegen, dass die Unfallzahlen in dieser Altersgruppe niedriger sind. Die Zahlen für Österreich: In der Altersgruppe der 17- bis 24-Jährigen kam es bei Unfällen zu einem Rückgang um 30 Prozent. Die Zahl der Verkehrstoten reduzierte sich um die Hälfte. Dennoch ist jeder fünfte tödlich Verunglückte zwischen 15 und 24 Jahre alt. Auch das Unfallrisiko ist in dieser Altersgruppe zwölf Mal höher als bei den 32- bis 61-jährigen Österreichern. Das KFV fordert deshalb eine Reform der Ausbildung, die mehr auf junge Männer und deren erhöhte Risikobereitschaft zugeschnitten sein muss. 

„Jeder fünfte tödlich Verunglückte ist zwischen 15 und 24 Jahre alt.“Othmar Thann, Direktor des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV)

Sensible Begleitung für junge Wilde

Neben den theoretischen Fragen gehört vor allem die richtige Selbsteinschätzung zu den wichtigsten Voraussetzungen für die erste Autofahrt unter 18 Jahren. Untersuchungen ergaben, dass rund 37 Prozent der jungen österreichischen Fahrer riskante Einstellungen haben und dabei für 54 Prozent aller Unfälle verantwortlich sind. Unaufmerksamkeit, Gruppendruck und Angeberei gepaart mit falscher Selbsteinschätzung der eigenen noch geringen Fahrerfahrung sind deshalb die häufigsten Ursachen für Unfälle bei Fahranfängern ab 17 Jahren.

Insbesondere sind die Begleitpersonen gefragt, die den Jugendlichen auch psychologisch zur Seite stehen sollten.

Ist eine Begleitperson mit an Bord, können Minderjährige bereits im Alter von 15 Jahren und sechs Monaten mit der Ausbildung beginnen.
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Ist eine Begleitperson mit an Bord, können Minderjährige bereits im Alter von 15 Jahren und sechs Monaten mit der Ausbildung beginnen.

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Weitere Informationen

Wie aber kann man Jugendliche für diese Unfallursachen sensibilisieren? Wann sind sie bereit für den L17? Am besten erörtert man das in einem Gespräch mit dem Fahranfänger. Während der Ausbildung können beispielsweise die Begleitpersonen, aber auch die Fahrlehrer als Respektspersonen mit den Jugendlichen über ihr Risikoverhalten sprechen. Unterschiedliche Fahrsituationen wie Nachtfahrten, mit mehreren Personen im Auto fahren oder auch lange Überlandstrecken werden am besten im Familienkreis diskutiert. So hat der Führerscheinneuling die Möglichkeit, gefährliche Situationen im Vorfeld zu reflektieren und bei Bedarf besser einschätzen zu können.

Am wichtigsten aber ist, ob der Führerscheinneuling tatsächlich bereits die Konzentrationsfähigkeit besitzt, um auch in einer brenzligen Situation besonnen und schnell reagieren zu können. Das aber lässt sich nur herausfinden, wenn der L17 in der Fahrschule begonnen und dann mit Mutter, Vater oder Onkel bei den Ausbildungsfahrten weiter erprobt wird. Hier sind insbesondere die Begleitpersonen gefragt, die während der Ausbildung den Jugendlichen auch psychologisch zur Seite stehen sollten.