Österreich hat die hochschulische Weiterbildung reformiert. Neuerdings steht der Weg zu einem akademischen Abschluss auch Berufspraktikern mit einer Berufsausbildung offen.

Die hochschulischen Weiterbildung wird aufgewertet.
Lebenslanges Lernen wird immer wichtiger. Der technologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Fortschritt führt dazu, dass die Anforderungen im Berufsleben sich stetig wandeln. Mit einer grundlegenden Gesetzesreform, die per 1. Oktober 2021 in Kraft treten wird, will Österreich die Akademisierung von Berufen und damit die berufliche Qualifizierung voranbringen.
Gleichwertigkeit aller Studienabschlüsse
Grundsätzlich ist zwischen ordentlichen und außerordentlichen Studiengängen zu unterscheiden. Die Regelstudiengänge an Hochschulen – Bachelor-, Master-, Diplom- und Doktoratsstudien – zählen zu den sogenannten ordentlichen Studiengängen.
Dagegen fallen Aus- und Weiterbildungen in Fachrichtungen, die im Rahmen von Universitätslehrgängen stattfinden, wie zum Beispiel im Pflegemanagement, unter die außerordentlichen Studiengänge.
Mit der Reform der sogenannten hochschulischen Weiterbildung werden die Abschlüsse von ordentlichen Studiengängen mit denjenigen von außerordentlichen Studiengängen, also von Universitätslehrgängen, gleichgestellt. Das bedeutet die uneingeschränkte Gleichwertigkeit von Bachelor- und Masterabschlüssen. Die neuen akademischen Grade und Abschlüsse werden auch im Ausland als Bachelor- und Master-Titel in vollem Umfang anerkannt.

Pflegemanagement wird in Universitätslehrgängen gelehrt.
Der Weiterbildungsbachelor
Um auch Berufspraktikern den Zugang zu einem Studium zu ermöglichen, ist die hochschulische Weiterbildung auf neue Füße gestellt worden. Im Zuge dieser Reform ist der sogenannte Weiterbildungsbachelor eingeführt worden. Und so heißen die neuen akademischen Grade:
Bachelor of Arts (Continuing Education), kurz BA (CE)
Bachelor of Science (Continuing Education), kurz BSc (CE)
Bachelor Professional, kurz BPr
Der BA (CE) ist für betriebswirtschaftlich orientierte Bachelorstudiengänge vorgesehen, der BSc (CE) für die technischen. Voraussetzung für die Zulassung zu einem Weiterbildungsbachelor ist die allgemeine Universitätsreife und eine mehrjährige einschlägige Berufserfahrung.
Als einschlägige Berufserfahrung gelten zum Beispiel eine Mitarbeit in einer Steuerberatungskanzlei oder eine Tätigkeit mit Führungs- und Budgetverantwortung, wie Martin Stieger auf Anfrage von MEIN LEBEN erklärt. Der Österreicher ist Professor für Berufsbildung und Wirtschaftspädagogik und Rektor der staatlich anerkannten Allensbach Hochschule in Konstanz.
„Der Weiterbildungsbachelor richtet sich vor allem an Berufstätige, die berufspraktische Kenntnisse wissenschaftlich vertiefen wollen.“ Deshalb schätzt er ein Weiterbildungsstudium für Personen mit Berufserfahrung als „praxisrelevanter“ ein als ein herkömmliches Studium.
Mit der Meisterprüfung zum Studium

Eine Meisterprüfung berechtigt zum Studium.
So gibt es mit dem eingeführten Bachelor Professional (BPr) neuerdings Weiterbildungslehrgänge, die betont berufsorientiert sind. Als Zugangsberechtigung können alle Berufsabschlüsse berücksichtigt werden. Im Gegensatz zum BA oder BSc wird hier die Hochschulreife nicht vorausgesetzt.
Es genügt eine einschlägige berufliche Qualifikation oder eine mehrjährige einschlägige Berufserfahrung. Damit steht auch Personen mit einer Befähigungs- oder Meisterprüfung der Weg zu einer akademischen Weiterbildung offen.
Diese Hochschullehrgänge sollen in Kooperation mit außerhochschulischen Bildungseinrichtungen, etwa mit dem Wirtschaftsförderungsinstitut (WIFI) oder dem Berufsförderungsinstitut (BFI), angeboten werden – zugeschnitten auf die jeweilige berufsspezifische Fachrichtung.
Um den Weiterbildungsbachelor verliehen zu bekommen, benötigt man 180 ECTS-Anrechnungspunkte. Damit steht den Absolventen der Zugang zum Masterstudium in der gleichen Fachrichtung offen.
Andere Fachrichtungen sind nicht ausgeschlossen. Die spezifischen Zugangsvoraussetzungen, zum Beispiel im Fach Wirtschaftsrecht, werden von jeder Hochschule autonom festgelegt, unter Berücksichtigung der internationalen Vergleichbarkeit.
Der Aufwand für ein außerordentliches Masterstudium beträgt dann nochmals 120 ECTS-Punkte. Das European Credit Transfer and Accumulation System (ECTS) ist das Leistungspunktesystem an europäischen Hochschulen. 60 ECTS-Leistungspunkte entsprechen in der Regel einem vollständigen Studienjahr.
Die Abkürzungen der neuen Mastertitel lauten MA (CE) und MSc (CE). Ein solcher Master berechtigt grundsätzlich dazu ein Doktoratsstudium aufzunehmen. Dieser Weg blieb Absolventinnen und Absolventen eines außerordentlichen Masterstudiums bislang verwehrt.
In fünf Semestern zum Bachelor Professional
Folgende zwei Beispiele sind also in Zukunft möglich:
Judith K. hat eine Befähigungsprüfung in einem Handwerk, also eine Meisterprüfung, abgelegt. Damit kann sie neu ohne Matura ein (außerordentliches) Studium abschließen. Mit dem Bachelor Professional (BPr) in der Tasche kann sie sich anschließend für ein Master-Regelstudium an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) einschreiben.
Bäckermeister Lukas B. beabsichtigt ein Franchisesystem zu gründen. Deshalb beschäftigt er sich intensiv mit dieser Materie und den rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen. Dieses Wissen kann er auch für eine hochschulische Weiterbildung nutzen: In fünf Semestern zum Bachelor Professional (BPr). Danach hat er die Möglichkeit ein Masterstudium an der Universität Linz zu absolvieren.
Reduktion der Titelvielfalt
Vor der Reform wurden in der hochschulischen Weiterbildung mehr als sechzig verschiedene akademische Titel verliehen, darunter waren eher exotische wie der „Master of Childhood Education“ oder „Master of Toxicology“. Durch die Vielzahl an Titeln blieb meist unklar, welche Qualifikationen damit verbunden waren. Der BA (CE) und der BSc (CE) ersetzen alle bisherigen Bachelor-Abschlüsse in der hochschulischen Weiterbildung. Die akademischen Expertentitel („Akademischer Experte in …“) werden dagegen beibehalten.
In den Bereichen Recht und Business Administration bleiben die akademischen Grade „Master of Business Administration (MBA)”, „Executive Master of Business Administration (EMBA)” sowie der „Master of Laws (LLM)” bestehen. Für diese Weiterbildungs-Masterstudien müssen Studierende einen Bachelor mitbringen. (Davon ausgenommen ist der EMBA, hier genügt der Nachweis einer langjährigen Berufserfahrung oder einer abgeschlossenen Meisterprüfung.)
Berufsbildungsexperte Martin Stieger begrüßt die Neuerungen in der hochschulischen Weiterbildung: „Berufspraktische Kompetenzen werden in der akademischen Welt endlich wertgeschätzt und angerechnet.“ Für die Weiterbildungsreform gibt es eine zweijährige Übergangsfrist. Neue Universitätslehrgänge können noch bis Ende September 2023 gemäß den alten Bestimmungen eingerichtet werden.
Weitere Informationen zur Reform der hochschulischen Weiterbildung findest du hier.
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