#InventedInAustria:
Die Tubenzahnpasta

Österreicher sind erfindungsreich – das zeigen wir in unserer Serie „Invented in Austria“. Folge 3 widmet sich dem Großindustriellen Carl Sarg. In seinem Chemieunternehmen F. A. Sarg’s Sohn & Co schuf er ein Produkt, das aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken ist.

Die erste Tubenzahnpasta kam aus Österreich.

Die erste Tubenzahnpasta kam aus Österreich.

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war Zahnpulver das Mittel der Wahl zum Säubern von Zähnen und Mundhöhle. Hergestellt aus zermahlenen Austern- oder Eierschalen, Marmorpulver oder Magnesiumcarbonat und versetzt mit geschmacksverbessernden und teils entzündungshemmenden Zusätzen wurde das Pulver in Döschen oder Tüten verkauft. Zur Reinigung tunkte man einen Holzstab, ein Schwämmchen oder einfach den angefeuchteten Finger hinein und rieb die Zähne ab. Etwas später kamen auch flüssige sowie feste Zahnseifen hinzu.

Auf dem Weg zur Zahnpasta

Werbung für die Zahnpasta des Wiener Unternehmens F.A. Sarg’s Sohn & Co
©Österreichische Nationalbibliothek

Werbung für die Zahnpasta des Wiener Unternehmens F.A. Sarg’s Sohn & Co

Da die Anwendung und Lagerung noch nicht optimal waren, tüftelten gleich mehrere Forscher an der Weiterentwicklung des Produkts. Einer von ihnen war Carl Sarg (1832-1895), der beim bekannten Chemiker Justus Liebig studiert hatte. 1858 übernahm Carls Vater Friedrich Albert Sarg eine Kerzen-Fabrik in Liesing bei Wien und führte das Unternehmen zusammen mit seinem Sohn unter dem Namen F.A. Sarg’s Sohn & Co. weiter. Die Firma wurde schnell führend in der Produktion von Kerzen und Seifen. Eine neuartige transparente Glycerin-Seife, die Carl Sarg ab den 1870ern produzierte und international verkaufte, wurde zum Renner.

In die Geschichte ging er allerdings 1887 mit Kalodont ein, der ersten hygienisch in Tuben gepressten Zahnpasta. Das neuartige Produkt, das ebenfalls Glycerin als Feuchtmittel enthielt, hatte den großen Vorteil, nicht auszutrocknen. Zudem ließ es sich in der Tube einfach transportieren. Sargs Erfindung, deren Namen sich der Unternehmer in 34 Staaten schützen ließ, fand rasenden Absatz und wurde vor dem Ersten Weltkrieg zu einem führenden Markenartikel. Als Werbegesicht für Kalodont konnte Sarg die berühmte französische Schauspielerin Sarah Bernhardt gewinnen.

Konkurrenz aus Amerika

Wie bei großen Erfindungen nicht unüblich, arbeiteten auch bei der Entwicklung der Tubenzahnpasta mehrere findige Geschäftsmänner zeitgleich an einer ähnlichen Innovation. In den USA war das der Zahnarzt Dr. Washington Wentworth Sheffield. Er entwickelte bereits 1850 unter Verwendung von Glycerin eine eigene Zahnpasta. Zur Aufbewahrung dienten zunächst Blech- und Keramikdöschen, später auch Tüten aus Stanniolpapier, die zum Gebrauch an einer Ecke aufgeschnitten wurden. Das Problem: Die Paste trocknete darin schnell aus. Auf die Idee einer Zahnpastatube brachte ihn 1876 schließlich sein Sohn Lucius, der in Paris studierte. Die Künstler, die er dort sah, verwendeten für ihre Farbe kleine Metalltuben – eine ideale Verpackung für die Zahnpasta! Produziert und vertrieben wurde „Dr. Sheffield's Creme Dentifrice“ allerdings erst 1892 und damit fünf Jahre später als Sargs Kalodont.

#InventedInAustria:

Folge 1: Die mechanische Nähhand
Folge 2: Die Dehnung der Zeit