Faszientraining:
Auf die Rolle, fertig, los

Faszienrollen sind angesagt: um Verspannungen zu lösen und Cellulite zu bekämpfen. Was bringt die Eigenmassage tatsächlich?

Faszientraining gehört vielfach zum Angebot von Sportstudios.

Faszientraining gehört vielfach zum Angebot von Sportstudios.

Faszien? Mit dem Begriff konnte bis vor wenigen Jahren kaum jemand etwas anfangen. Sie mit speziellen Rollen und Bällen zu massieren, ist inzwischen allerdings ein richtiger Trend: Rollt man mit verschiedenen Körperstellen darüber, soll das Verspannungen lösen, die Beweglichkeit fördern, Schmerzen und Erkrankungen von Muskeln und Gelenken mildern oder vorbeugen, das Bindegewebe straffen und so unter anderem gegen Cellulite helfen. Fitnessstudios und Rückenschulen bieten Faszientrainings an. Faszienrollen und -bälle gibt es mittlerweile bereits in Supermärkten und Discountern zu kaufen.

Im Netz der Faszien

 Faszien (vom lateinischen „fascia“ für Binde, Band, Bandage) sind das Bindegewebe, das unseren gesamten Körper durchzieht. Als feine Haut oder Schicht umhüllen sie all unsere Organe, Muskeln, Gelenke und Nerven. Faszien können straff oder locker gebaut sein. Manche Wissenschaftler halten sie sogar für unser größtes Sinnesorgan, denn auch Bindegewebe verfügt über Nerven und Rezeptoren. Nach Erkenntnis der modernen Faszienforschung hängen sämtliche Faszien im Körper zusammen und bilden ein feinmaschiges Geflecht, das alle Muskeln, Knochen, Organe und so weiter umhüllt und durchdringt. So ist zum Beispiel ein Muskel nicht nur als Ganzes von einem faszialen Netz umspannt, sondern auch jeder einzelne Muskelstrang und jede einzelne Muskelzelle. Ohne Faszien würden die Muskeln ihre Form, die Knochen und auch die Organe im Körperinneren ihren Halt verlieren. Es ist vor allem ihre übergreifende Struktur, die vermuten lässt, dass Faszien eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Verspannungen und Schmerzen spielen. Sind sie verhärtet oder verklebt – etwa durch Überbelastung, Verletzungen, Bewegungsmangel und andauernden Stress –, verursacht das Schmerzen, so die Annahme. Belegt ist das bislang nicht.

Druck aufs Gewebe

Das Workout mit der Faszienrolle oder auch dem Faszienball ist nur ein Teil des eigentlichen Faszientrainings. Es besteht zusätzlich aus elastischen, federnden Bewegungen sowie Dehnübungen. Doch viele nutzen auch nur die Hilfsmittel aus Hartschaum, um damit insbesondere Körperpartien an den Beinen, am Gesäß und am Rücken „auszurollen“ und so zu massieren. Ihre verspannungslösende und schmerzlindernde Wirkung sollen die harten Rollen und Bälle erzielen, indem sie Druck ausüben, dadurch die Lymphflüssigkeit in Bewegung versetzen und Stoffwechselprozesse auslösen. Abfallstoffe sollen so besser abtransportiert und das Gewebe mit neuer Flüssigkeit versorgt werden.

Rollen und Kugeln

Neben dem Rücken werden auch Arme, Beine und Füße mit Faszienrollen massiert.

Neben dem Rücken werden auch Arme, Beine und Füße mit Faszienrollen massiert.

Es gibt die Rollen in unterschiedlichen Größen, Formen, Farben, mit und ohne Struktur und in verschiedenen Härtegraden. Glatte Oberflächen haben eine sanfte Wirkung, Oberflächen mit Riffeln, Noppen oder Ähnlichem einen zusätzlichen Massageeffekt. Anfänger sollten eher zu weicheren und glatten Modelle greifen. Es gibt auch Faszienrollen mit einer Aussparung in der Mitte, die die Wirbelsäule schonen und sich vor allem für die Rückenpartie eignen. Einen ähnlichen Effekt kannst du auch mit einem sogenannten Duo-Ball erzielen. Solche doppelten Faszienbälle sind, ebenso wie die einfache Variante, für Stellen gedacht, an die du mit der Rolle nicht herankommst. Zudem wirken sie punktuell und dadurch intensiver.

Keine wissenschaftlichen Belege

Die genauen Effekte dieser Selbstmassage sind noch nicht ausreichend untersucht. Klinische Studien, die den Einfluss eines selbst durchgeführten Faszientrainings auf fasziale Schmerzen untersuchten, finden sich bislang nicht. Eine unmittelbare schmerzlindernde Wirkung können sie aber durchaus haben. So kamen Wissenschaftler 2015 zu der vorsichtigen Einschätzung, dass das Faszientraining möglicherweise die Flexibilität steigert und Muskelkater mildert. Auch eine Übersichtsarbeit von Forschern der California State University Dominguez Hills zeigt, dass das Training mit Schaum­ oder Massagerollen zumindest kurzzeitig die Beweglichkeit der Gelenke verbessern kann, ohne sich negativ auf die Muskelleistung auszuwirken.

Richtig Rollen 

Das Faszientraining muss allerdings richtig ausgeführt werden, sonst schadet das Ausrollen auf dem Hartschaum unter Umständen sogar. Wer allein damit arbeiten will, sollte deshalb vorher eine Ärztin oder einen spezialisierten Physiotherapeuten um Rat fragen. Wichtig ist zum Beispiel, nie über die Gelenke zu rollen. Zudem solltest du immer über die gesamte Länge des jeweiligen Muskels rollen, vom Muskelansatz bis zum Muskelende. Und auch die Richtung ist wichtig: immer zum Herzen hin, also nicht vor und zurück. Denn die Venenklappen der Beine, die den Blutfluss kontrollieren, öffnen sich zur Hüfte. Ausrollen vom Herzen weg kann die Venenklappen schädigen und zu Krampfadern führen. Beim Hin- und Herrollen wird zudem die Lymphflüssigkeit lediglich verschoben und nicht, wie erwünscht, „ausgepresst“.

Überhaupt sollte die Massage mit der Faszienrolle nur eine Ergänzung zu Bewegungsübungen und Muskeltraining sein. Lediglich am Bindegewebe zu arbeiten, reicht nicht aus, um fit und locker zu sein.