Den Krebs besiegt, doch der Kampf ums Leben geht weiter

Zurück in den Job, am Leben teilnehmen, das wünschen sich viele Krebsüberlebende. Doch Arbeitgeber scheuen oft das Risiko eines Rückfalls. Mit seinem Verein hilft Michael Feilmayr ehemaligen Krebspatienten, die keine Arbeit finden.

Kämpfernatur: Michael Feilmayr findet nach überstandener Krebserkrankung keinen Job. Heute leitet er eine eigene Firma und hilft anderen Betroffenen mit seinem Verein.
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Kämpfernatur: Michael Feilmayr findet nach überstandener Krebserkrankung keinen Job. Heute leitet er eine eigene Firma und hilft anderen Betroffenen mit seinem Verein.

Den ersten harten Kampf, einen auf Leben und Tod, hatte Michael Feilmayr gerade durchgestanden – da hatte er schon den nächsten vor der Brust. Einen Kampf von ungeahnter Intensität, der auch einen willensstarken Mann wie ihn wiederholt an seine Grenzen brachte. Es war ein zähes Ringen um etwas, das eigentlich selbstverständlich scheint: die Wiedereingliederung in die Gesellschaft nach einer schweren Krankheit.

Mit Ende 30 im Rollstuhl

Michael Feilmayr ist erfolgreicher Vertriebsleiter im Finanzbereich, läuft Marathon, baut gerade ein Haus, als er ein Stechen in seiner Wade bemerkt. Die vermeintliche Sportverletzung mündet in eine Horrordiagnose: Muskel- und Knochenkrebs und zwei weitere Tumor-Arten haben den Unterschenkel des Familienvaters befallen. Es folgen Chemotherapie in höchstmöglicher Dosis, Bestrahlung, Operationen.

Mit Ende 30 sitzt Feilmayr zeitweise im Rollstuhl. Muss das Haus verkaufen. Seine Familie zerbricht an der Last der Erkrankung. Doch Feilmayr lässt sich von den Rückschlägen nicht unterkriegen. Nach zwei Jahren hat er den Krebs besiegt. „Ich dachte mir: Jetzt packe ich wieder richtig an“, erinnert sich der heute 45-Jährige: „Nur um dann zu merken, dass mich keiner mehr machen lässt.“

Er, der früher für über 3.000 Kunden in drei Ländern tätig war und zu Beginn seiner Erkrankung noch im Anschluss an Chemotherapie-Sitzungen vor hunderten Zuhörern Vorträge gehalten hat, ist plötzlich außen vor. „Ich wollte es zunächst nicht wahrhaben, habe Bewerbung um Bewerbung geschrieben. Ich dachte, mit meiner Geschichte müssen die sich doch denken: Das ist ein Kämpfer, den nehmen wir“, erklärt Feilmayr.

Weggefährten: Michael Feilmayr und Florian Pehböck (links) 2010 im Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien. Auch Florian Pehböck hat Knochenkrebs, er wird nur 25 Jahre alt.
© Michael Feilmayr

Weggefährten: Michael Feilmayr und Florian Pehböck (links) 2010 im Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien. Auch Florian Pehböck hat Knochenkrebs, er wird nur 25 Jahre alt.

„Das Risiko ist zu hoch“

Er wird nicht einmal mehr zu Bewerbungsgesprächen eingeladen. Zwei knappe Sätze eines Mitarbeiters des AMS (Arbeitsmarktservice) treffen ihn schließlich wie Donnerschläge: „Sie sind nicht vermittelbar. Das Risiko eines gesundheitlichen Rückfalls ist einfach zu hoch.“ Die Aussicht lautete stattdessen: ein paar hundert Euro Invaliditätspension, keine Chance auf Kredit, berufliches Nichtstun – bis zum Lebensende.

Feilmayr recherchiert, findet heraus, dass er nicht allein ist. Bis zu 7.000 Menschen kämpfen seinen Berechnungen nach in Österreich jedes Jahr darum, nach einer schweren Krankheit wieder Anschluss an die Gesellschaft zu finden. „Für die Politik ist diese Problematik leider im besten Fall ein Randthema. Und viele gesunde Menschen wollen sich mit dem Aspekt nicht auseinandersetzen“, sagt Feilmayr.

Doch damit will sich der Mann, der im Salzkammergut groß wurde, nicht abfinden. Er macht sich mit einer eigenen Firma selbstständig und beschäftigt in dem Concierge-Service myPA (kurz für: Personal Assistent) hauptsächlich ehemalige Krebspatienten. Parallel ruft er einen gemeinnützigen Verein ins Leben: A Chance For Cancer Survivors. „Damit wollen wir Menschen, die ebenfalls von einer schweren Krankheit betroffen sind oder waren, beim Wiedereinstieg ins Berufsleben helfen“, erklärt Feilmayr.

Der Kampf um berufliche Teilhabe

Der Verein, der sich hauptsächlich durch Spenden finanziert, hilft Betroffenen mit Coachings und tritt an mögliche Arbeitgeber heran. Und häufig zahlt sich die Mühe aus: Dank einer Umschulung konnte zuletzt eine 20-jährige, alleinerziehende Mutter wieder einen Job finden. Es sind Fälle wie diese, die Feilmayr die Kraft für die Nebentätigkeit geben. „Als ich ihr ins Gesicht geschaut habe, wusste ich, wofür ich all das mache.“

Es ist ein Kampf um ein zweites Leben, das nach der Krankheit. Nicht jeder hat nach einer schweren Krankheit die Kraft, diesen Kampf zu führen. Feilmayr hat es sich zur Aufgabe gemacht, genau diesen Menschen zu helfen. Denn er weiß: „Den Betroffenen geht es in erster Linie gar nicht um das Geld, die finanzielle Sicherheit. Die wollen einfach wieder das Gefühl haben, gebraucht zu werden und dazuzugehören.“

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