So finden Unternehmen passende Mitarbeiter

Die Vorstellung, dass der Chef mit seinen Weisungen den Laden am Laufen hält, ist überholt. Heute zählt das Team – und eine Kultur, die es zusammenhält. Dabei gehen Unternehmen ungewöhnliche Wege.

Team-Spirit: Viele Unternehmen fördern ihre Kultur durch bunte Büros, Tischtennis, Yoga-Kurse oder regelmäßige gemeinsame Essen.
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Team-Spirit: Viele Unternehmen fördern ihre Kultur durch bunte Büros, Tischtennis, Yoga-Kurse oder regelmäßige gemeinsame Essen.

Fragt man Investoren, was ihnen bei einem jungen Unternehmen wichtiger ist, die Idee oder das Team, so fällt die Antwort meist zugunsten des Teams aus. Gute Teams haben weniger Prob­leme bei der Umsetzung von Aufgaben, verbessern die Arbeitsergebnisse und stärken die Loyalität der Mitarbeiter zum Unternehmen. Daher wird man auch bei etablierten Unternehmen kaum eine Stellenausschreibung finden, die nicht hervorhebt, wie wichtig Teamfähigkeit ist. 

Mitarbeiter im Test: Geld für Kündigung 

Das Wissen um diesen Erfolgsfaktor stellt Unternehmen vor die Herausfor­derung, nicht nur die passenden Talente zu finden, sondern diese auch zu hal­ten. Im Vorteil sind Unternehmen, die eine Unternehmenskultur eta­bliert haben und sich von Beginn an auf die Mitarbeiter konzentrieren, die zu dieser passen. Dabei gehen sie teilweise ungewöhnliche Wege: So spielt beim US-­Schuhhändler Zappos der Fahrer, der neue Kandidaten am Flughafen ab­holt, eine entscheidende Rolle. Sollte ihm der Kandidat unsympathisch er­scheinen, hat der Bewerber keine Chance auf den Job. Von Zappos stammt auch die unter anderem von Amazon adap­tierte Idee, Mitarbeitern mehrere Tausend Dollar anzubieten, wenn sie kündigen. Dadurch werden wankelmütige Kandidaten herausgefiltert. 

Prinzipien spielen eine wichtige Rolle bei der Definition der Firmenkultur, die idealerweise mit ihren Werten schon zur Gründung des Unternehmens fest­gelegt wird. Langfristig muss sich der „Spirit“ aber dynamisch den wandeln­den Anforderungen eines Unterneh­mens anpassen. Wüstenrot hat bei­spielsweise vor einigen Jahren damit begonnen, den Vertrieb neu auszurich­ten: weg vom Produktdenken hin zu Kundenorientierung und Motivverkauf. 

Entsprechend hat das Unternehmen Serviceleitsätze entwickelt, damit sich die seit mehr als 90 Jahren gelebten Werte in Zukunft noch besser umset­zen lassen. „Die Leitsätze geben für je­den einzelnen Mitarbeiter die Antwort auf die Frage: Was ist mein Beitrag zur Servicekultur bei Wüstenrot?“, sagt die Kundenservice­-Expertin Sabine Hübner. „Sie schaffen ein gleiches Ver­ständnis von Servicequalität – von Vorarlberg bis ins Burgenland.“ 

Recruiting: Dialog mit Talenten 

Wie aber gelingt es, die Mitarbeiter, die sich mit der Unternehmenskultur iden­tifizieren, von Anfang an ins Unterneh­men zu integrieren? „Es reicht nicht aus, nur Inserate in Zeitungen oder auf Internetportalen zu schalten“, sagt Stefan Leitgeb, Abteilungsleiter der Personalentwicklung bei Wüstenrot. „Man muss direkt vor Ort in den Schulen oder auf Messen mit den jungen Menschen in den Dialog treten.“ 

Zudem organisiert das Unternehmen immer wieder Events für seine Mitar­beiter, wie zuletzt ein Lehrlingsevent im neu eröffneten Wiener Start­-up-­Hub weXelerate. Solche Events geben den Mit­arbeitern die Möglichkeit, sich mit Führungskräften und externen Experten auszutauschen. 

Es kommt darauf an, von Beginn an zu signalisieren, welche Mitarbeiter man sich wünscht. Dafür müssen Un­ternehmen offen sein, anders denken. Apple beispielsweise hat vor 20 Jah­ren mit „Think different“ seine Firmenphilosophie in diesem Slogan manifes­tiert. Unternehmen, denen es ebenso gelingt, Team und Spirit in Einklang zu bringen, profitieren von einer besse­ren Performance, weniger Fehltagen – und das Gehalt spielt für Mitarbeiter oftmals eine untergeordnete Rolle. ​