„Immobilien verkaufen sich durch Home Staging doppelt so schnell“

Wohnungen, die schön ausgestattet sind, kommen bei Käufern besser an. Jutta Wallner, Stagerin vom Wiener Unternehmen Wohnfee, erklärt im Gespräch mit MEIN LEBEN, welchen Einfluss Home Staging auf den Verkaufsprozess hat.

Das Wohnfee-Team im Wiener Schauraum
©wohn.fee

Das Wohnfee-Team im Wiener Schauraum

Frau Wallner, was genau ist Home Staging eigentlich?

Das ist das stilvolle Inszenieren einer Immobilie für den Verkauf oder die Vermietung. Es werden Raumproportionen und die Funktion der Räume aufgezeigt, um eine Idee zu geben, wie die Wohnung später aussehen könnte. Der Interessent prägt sich so den Grundriss und die Räume auch besser ein.

Und was kann man mit Home Staging erreichen, lässt sich der Verkaufspreis steigern?

Wir arbeiten seit zehn Jahren in Österreich und unserer Erfahrung nach verkaufen sich die Immobilien durch Home Staging doppelt so schnell. Dass sich die Verkaufspreise steigern lassen, können wir für den Wiener Raum nicht bestätigen. Eine Preissteigerung ist nur erzielbar, wenn man zum Beispiel gebrauchte Immobilien vorab auch renoviert und sich dadurch natürlich das gesamte Erscheinungsbild verbessert.

Wie oft werden Immobilien für den Verkauf in Szene gesetzt?

Vor zehn Jahren mussten wir den Begriff Home Staging noch sehr oft erklären. Mittlerweile setzen Bauträger und auch zunehmend private Abgeber diese Form des Immobilien-Marketings verstärkt ein, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Eine perfekt gestagte Immobilie bleibt unter verschiedenen Angeboten natürlich in Erinnerung. Private Abgeber scheuen die Investition in ein gutes Staging oft zu Beginn und versuchen den Verkauf der leeren Immobilie. Erst wenn das nicht gelingt, wird ein Staging in Betracht gezogen.

Jutta Wallner (links) neben Wohnfee-Gründerin Yvonne Werginz
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Jutta Wallner (links) neben Wohnfee-Gründerin Yvonne Werginz

Also kann man Staging als Trend bezeichnen?

Ich würde nicht von Trend sprechen, sondern von einem noch relativ neuen Marketing-Tool. Tolle Fotos und besondere Immobilienvideos werden ja erst durch ein Profi-Staging perfekt. Und das Segment der Online-Vermarktung wächst stetig. Somit braucht es mehr Unterscheidung zum Wettbewerb.

Wem würden Sie empfehlen, mit einem Home Stager zu arbeiten? 

Ich würde es vor allem bei Objekten mit vielen Dachschrägen, schwierigen Grundrissen oder zu kleinen Räumen empfehlen. Oft können sich Kunden einfach nicht vorstellen, wie Möbel im Dachgeschoss gestellt werden können. Bei unübersichtlichen Grundrissen schafft das Staging eine gute Orientierung und die Räume bleiben klar in Erinnerung. Oft haben auch kleine Räume das Problem, dass der Kunde nicht glaubt, dass zum Beispiel ein Bett Platz hat. Denn gestagte Räume wirken immer größer als leere!

Sind Sie überwiegend im Neubaubereich tätig?

Ja, aber wir würden auch gerne mehr gebrauchte oder auch geerbte Immobilien stagen. Das ist eine viel größere Herausforderung für einen guten Stager und es gibt auch viel größere Unterschiede nach der Fertigstellung. Wir durften einmal eine Villenetage stagen, die 40 Jahre lang vermietet und dementsprechend abgewohnt war. Hier musste auch noch vier Wochen lang renoviert werden – inklusive neuer Fliesen in den Bädern. Diese tolle Wohnung war dann sofort nach der ersten Besichtigung vermietet – und die Renovierungs- und Stagingkosten amortisierten sich bald wieder durch einen höheren Mietpreis.

Wie entwickeln Sie ihr Konzept, haben Sie eine bestimmte Zielgruppe vor Augen oder geht es eher allgemein um gutes Design?

Zuerst besichtigen wir die Immobilie und planen dann Raum für Raum die Möbel, Leuchten, Teppiche und Accessoires. Je nach Wohnungsgröße werden da zwischen 100 und 200 Teile reserviert. Ist die Zielgruppe jung und urban, kommen natürlich auch passende Teile zum Einsatz. Für das besondere Penthouse in der City werden luxuriösere Dinge eingesetzt – aber natürlich immer möglichst neutral, denn es soll ja die Immobilie im Vordergrund bleiben und verkauft werden und nicht die Möbel.

Wohnraum mit offener Küche – vorher und „gestaged”
©wohn.fee

Wohnraum mit offener Küche – vorher und „gestaged”

Versuchen Sie beim Stil aktuellen Wohntrends zu entsprechen oder haben Sie eine bestimmte Vorliebe?

Wir arbeiten gerne im skandinavischen Stil, weil die Möbel leicht und luftig sind. Dieses Design spricht auch eine große Zielgruppe an. Die Räume kommen auch besser zur Geltung, wenn zum Beispiel das Sofa auf schlanken Füßen steht und nicht klobig den Raum ausfüllt. Gerne bauen wir auch aktuelle Trends wie schwarzes Metall, Messing, Eiche und warme Farben bei Sofas und Teppichen ein, damit die Kunden mit Neuem überrascht werden.

Arbeiten Sie mit einem bestimmten Farbkonzept?

Ja, wir versuchen jede Immobilie individuell zu stagen mit harmonischen Farbkombinationen. Vor zehn Jahren waren alle Möbel weiß oder taupe, mittlerweile ist wieder viel mehr Mut zur Farbe gefragt. Aber wie gesagt – die Mischung muss stimmen!

Was ist Ihr Ziel, welchen Eindruck soll das Objekt vermitteln?

Das Ziel ist die perfekte Präsentation der Immobilie. Eine wohnliche Atmosphäre mit gutem Licht, damit man sich gleich dort wohnen sieht. Sollte die Immobilie noch bewohnt sein, ist besonders wichtig, dass alles sauber und aufgeräumt ist. Allzu Persönliches kann schon verpackt werden. Die Immobilie soll einen gepflegten und frischen Eindruck vermitteln.

Wird ein Objekt nur für das Fotoshooting ausgestattet oder auch für Besichtigungen oder beides?

Für beides, denn der Kunde soll ja nicht nur schöne Bilder vorab sehen, sondern auch das gleiche Wohlfühlambiente bekommen, wenn er die Wohnung später besichtigt. Das unterscheidet ein echtes Staging auch von virtuellen Stagings, die meist bei Objekten gemacht werden, die noch gar nicht gebaut sind. Die Möbel, Leuchten, Teppiche und Wohnaccessoires bleiben für die gesamte Vermarktungsdauer dort – mindestens zwei Monate. Wir stagen auch Musterwohnungen, wo eine längere Leihdauer vereinbart wird, da die Musterwohnungen ja so lange bleiben, bis der Großteil der Wohnungen verkauft oder vermietet ist.

Woher stammen die Möbel, Leuchten und Wohnaccessoires, mit denen Sie die Immobilien einrichten?

Wir kaufen alle Teile selbst an und haben mittlerweile zwei Lager, die immer größer werden. Derzeit können wir rund 35 Wohnungen zeitgleich ausstatten. Wenn wir erst Möbel bestellen würden, wenn der Kunde das Projekt schon gestagt haben möchte, würde das viel zu lange dauern. Außerdem haben wir einen sehr individuellen Mix an verschiedenen Dingen, die wir nicht alle so schnell finden würden. Wir erneuern ständig unseren Fundus, damit wir immer wieder etwas Neues präsentieren können.

Wohnraum vorher und „gestaged”
©wohn.fee

Wohnraum vorher und „gestaged”

Stagen Sie auch Küchen?

Der Einbau von echten Küchen wäre für die kurze Zeit zu aufwändig. Daher verwenden wir Karton-Küchen, die aber die gleichen Maße wie echte Küchenschränke haben und dem Kunden die Proportionen der späteren Küche genau aufzeigen. Manchmal sieht das sehr echt aus. Einmal wollte eine Kundin unsere Karton-Küche sogar mitkaufen (weil sie sie für echt hielt, Anm. der Red.).

Werden denn auch Einrichtungsgegenstände vom Käufer übernommen?

Ja, vereinzelt passiert das. Meist bleiben Leuchten an der Decke hängen, weil sie gut zum Raum passen und auch gleich die mühsame Leuchtensuche ersparen. Bei den Möbeln möchte der Kunde dann doch oft eine andere Farbe oder andere Größe. Wie in den USA, wo gleich in Bausch und Bogen die Einrichtung mitgekauft wird, ist der Markt in Österreich nicht. Aber wir werden auch immer öfter gerufen, um Einrichtungskonzepte im Wohnfee-Style zu erstellen. Hier ist es besonders schön, wenn Vorhandenes und Neues gemixt wird und so ein frischer Look entsteht!

Es macht sicher Spaß, ständig neue Immobilien einzurichten, wie wird man denn Home Stagerin?

Meine Kollegin Yvonne Werginz und ich kommen beide aus dem Marketing und hatten beide eine eigene Agentur. Wir sind sehr früh an unterschiedlichen Orten auf das Thema Staging aufmerksam geworden und haben uns dann gefunden. Eigentlich gibt es in Österreich nur Kurzausbildungen zum Home Stager als Präsenz- oder Onlineseminare. Aber das allein ist ein bisschen wenig. Um Stager zu werden, benötigt man neben einem guten Raum- und Farbgefühl auch viel Organisationstalent. So ein Staging-Projekt an einem Tag erfordert den gleichen Aufwand wie ein Umzug. Staging ist ein kreativer Job, aber zu 90 Prozent ist es auch Organisation, damit alles pünktlich fertig wird, wenn der Fotograf schon vor der Tür steht.

Bad vorher und „gestaged”
©wohn.fee

Bad vorher und „gestaged”

Gab es einmal ein Objekt, in das Sie selbst gern sofort eingezogen wären?

Ja, das kommt öfter vor. Wir sehen oft wunderschöne Dachgeschosswohnungen mit tollen Terrassen, die wir dann auch mit Outdoor-Möbeln und Pflanzen bestücken. In eine Wohnung haben wir sogar einen Flügel transportiert – diese Wohnung wurde nach der ersten Besichtigung verkauft. Hier wären wir auch gerne eingezogen, aber es war nicht die richtige Preiskategorie (lacht).

Richtet sich Ihr Honorar wie bei der Maklerprovision nach dem Verkaufspreis?

Nein. Der Unterschied ist, dass unsere Leistung sofort nach dem Staging bezahlt wird und der Makler erst nach erfolgreicher Vermittlung. Unser Honorar setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Zum einen berechnen wir die Konzeption, die Staging-Arbeit, die Spedition und die Handwerker. Der zweite Teil errechnet sich aus der Leihgebühr für die Möbel, Leuchten und Accessoires. Die Höhe hängt vom Wert der Möbel ab und wie lange diese vermietet werden (normalerweise zwei Monate, bei Musterwohnungen oder sehr hochpreisigen Immobilien entsprechend länger). Daher haben wir auch keinen fixen Quadratmeterpreis, da ja jedes Mal ein individueller Mix ausgewählt wird.

Wie finde ich einen guten Home Stager?

Staging ist eine noch recht junge Dienstleistung. Wir empfehlen, sich die Referenzen und Projekte anzuschauen, die der Home Stager bereits gemacht hat. Das sollte zur Zielgruppe passen. Es gibt noch nicht viele hauptberufliche Staging-Unternehmen in Österreich. Unser Team ist mit vier Home Stagerinnen bisher die größte Firma. Unsere Projekte sind zum großen Teil in Wien und Niederösterreich, aber auch in der Steiermark und im Burgenland.

Zur Person:
Jutta Wallner ist seit 2011 im Wohnfee-Team die rechte Hand der Wohnfee-Gründerin Yvonne Werginz. Sie ist für die Bereiche Marketing und Verkauf zuständig und auch als Home Stagerin und Interior Designerin tätig. Das Wohnfee-Team bietet auch Konzepte für das Redesign privater Wohnräume an – auf Wunsch auch inklusive rascher Umsetzung.