Einbrecherkönig Stummer:
„Matratze und Wäscheschrank sind die falschen Verstecke“

Er ist eine schillernde Persönlichkeit und verbrachte 30 Jahre seines Lebens im Gefängnis. Lies die Geschichte vom Einbrecherkönig Ernst Stummer – und erfahre von ihm, wie du dich vor Langfingern schützen kannst.

Ernst Stummer: 1960 folgte die erste Verurteilung zu sechs Monaten schwerem Kerker wegen Einbruchs
Foto: Marcel Koehler

Ernst Stummer: 1960 folgte die erste Verurteilung zu sechs Monaten schwerem Kerker wegen Einbruchs

Vor 40 Jahren wurde Ernst Stummer wieder einmal verhaftet. Wieder in Wien. Wieder wegen Einbruchs. Stummer war 39 und sein Ruhm hallte bereits 1977 weit über die Grenzen Österreichs hinaus – bis in den hohen Norden. Anlässlich seiner neuerlichen Inhaftierung ließ es sich der „spezielle Kriminaldienst“ des Hamburger Polizeipräsidiums nicht nehmen, ihm eine warmherzige Grußbotschaft zu senden: „Werter Herr Stummer“, so schrieben ihm zwei Kripobeamte im Namen aller Kolleginnen und Kollegen der Personenfahndung Hamburg: „Bevor wir auf das schmerzliche Ereignis eingehen, möchten wir uns im Namen der gesamten Dienststelle für Ihre nette Postkarte bedanken. Sie werden verstehen, dass uns allen nahezu das Herz stehenblieb, als wir davon hörten, dass sie auf heimatlicher Erde wieder unter die Fürsorge des Staates gelangt sind. Ihre Heimatliebe wissen wir hier redlich zu würdigen. Wir sind in Gedanken bei Ihnen.“

Ernst Walter Stummer ist heute 79 und blickt auf eine seltsame Biographie als Intensivtäter zurück. Manchmal staunt er selber darüber, wie einer, der sich mit Einbrüchen über Wasser hielt und immer wieder aus Gefängnissen entwischt ist, die Herzen der Bevölkerung erobern konnte. 19 Mal wurde Stummer verurteilt. 30 Jahre seines Lebens hat er im Gefängnis verbracht. Fast liebevoll wird er der „Einbrecherkönig Österreichs“ genannt.

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1. „Für dunkle Bereiche an Haus und Grundstück empfehle ich eine lückenlose Außenbeleuchtung. Am besten sind Lichtsensoren, die die Außenbeleuchtung automatisch einschalten, wenn jemand das Grundstück betritt. Außensteckdosen sollten von innen abschaltbar sein, damit keine Elektrowerkzeuge angeschlossen werden können. Stromleitungen sollten nicht an der Außenwand verlegt werden.“

2. „Bäume und Sträucher schützen Sie zwar vor neugierigen Blicken, wenn Sie im Garten sonnenbaden. Allerdings können sich unerwünschte Gäste hinter hohen Pflanzen verstecken und ungestört an Fenstern und Türen zu schaffen machen. Verzichten Sie daher rund ums Haus auf Pflanzen, die die Sicht behindern.​“

Dabei hat Stummer sein kriminelles Werk auch in Frankreich, den Benelux-Staaten und Deutschland verrichtet. Als er Mitte der 1970er Jahre in Hamburg festgenommen wurde, eilte ihm sein Ruf dermaßen voraus, dass ihm der Polizeibeamte beim Verhör „eine Art Stammbuch hinschob, in dem sich nur die bekanntesten Kriminellen verewigen durften, die auf dem Hamburger Polizeipräsidium zu Gast waren“. Von der wohlgelaunten Stimmung war Stummer überrascht: „Überhaupt lief der Schmäh sehr gut auf dem Revier. Statt einer Verhaftung und der folgenden ersten Einvernahme glich das Ganze eher einer Wiener Heurigenpartie.“ Als er in Untersuchungshaft kam, sagten die Polizisten zu den Gefängniswärtern. „Passt auf ihn auf, der ist ein echter Ausbrecherkönig! Aber er ist sehr nett und für jeden Spaß zu haben.“

Kistenöffner: Öffnet auch Türen
Foto: Marcel Koehler

Kistenöffner: Öffnet auch Türen

Modifizierter Bauschlüssel und Schlösser
Foto: Marcel Koehler

Modifizierter Bauschlüssel und Schlösser

Stummers Geschichte beginnt 1938 in Wien, als der Sohn eines steirischen Anstreichers und einer Kärntnerin am selben Tag und im selben Spital wie Romy Schneider zur Welt kommt. Als der Bub sieben Jahre alt war, trennten sich die Eltern. Die Mutter kam als Heimnäherin kaum über die Runden, der Junge ging im Sommer barfuß, um die Schuhe zu schonen. Als sich Ernst ein Fahrrad wünschte, sagte seine Mutter, er solle doch einfach eines stehlen. Sein Vater glaubte, alles würde besser werden, wenn Österreich kommunistisch regiert werde. Das hat den Sohn geprägt. Zeitlebens hat sich Ernst Stummer seine unzähligen Einbrüche damit gerechtfertigt, dass er ja nur reiche Leute bestohlen und die Beute teilweise an Bedürftige verschenkt habe: „Ich finde, jeder sollte dasselbe verdienen – der Bundeskanzler wie der Hilfsarbeiter.“

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3. „Leitern, Kisten, Sitzbänke und Gartenmöbel können Einbrechern als Aufstiegs- oder Einstiegshilfen dienen. Räumen Sie daher alles weg, was einem Einbrecher nützlich sein könnte – oder sichern Sie diese Gegenstände durch Ketten oder Schlösser. Auch Regenabflussrohre oder Blitzableiter in Balkon- oder Fensternähe können das Einsteigen leichter machen.“

4. „Verstecke unter dem Kopfpolster, in der Matratze oder im Wäscheschrank sind für Ihren Schmuck und die Sparbücher die falschen Plätze. Wenn Sie für längere Zeit verreisen, sollten Sie Schmuck und Dokumente im Bankschließfach deponieren.“

5. „Sollten Sie trotz aller Vorsichtsmaßnahmen Opfer eines Einbruchs werden, ist die Chance, Ihr Eigentum wiederzubekommen, umso größer, je genauer Sie der Polizei die gestohlenen Gegenstände beschreiben können. Notieren Sie daher die Gerätenummern, Beschreibungen der Wertgegenstände mit markanten Merkmalen und, falls vorhanden, individuelle Nummern der Wertsachen. Bewahren Sie diese Liste, ergänzt durch Farbfotos, gesondert von Ihren Wertgegenständen und Dokumenten auf.“

Weitere Informationen bietet die Kriminalprävention des Bundeskriminalamts.

In den Nachkriegswirren landete der Teenager in Heimen und lernte das Bäckerhandwerk. In einer bürgerlichen Existenz hat Stummer nie richtig Fuß fassen können. 1958 wurde er erstmals verurteilt: sechs Monate bedingte Haft wegen Notzucht. Zu Unrecht, wie Stummer beteuert. 1960 folgte die erste Verurteilung zu sechs Monaten schwerem Kerker wegen Einbruchs in ein Elektrowarengeschäft.

Immer wieder machte Stummer, der mit einer Russin und einer Philippinin jeweils kurz und glücklos verheiratet war, Schlagzeilen. Mal wollte er eine Gefangenengewerkschaft gründen, was ihm der Gewerkschaftsbund untersagte; bis heute kümmert er sich im Alleingang um Haftentlassene. Mal versuchte er es mit einer Zeitschrift: „Öffentliche Unsicherheit – Einbrecher verraten ihre Tricks“. Der Einbrecherkönig klärt die Menschen auf, wie sie ihr Heim am besten schützen.

Stummer in Wien: Auch ein Berufsdieb will irgendwann in Ruhestand gehen.
Foto: Marcel Koehler

Stummer in Wien: Auch ein Berufsdieb will irgendwann in Ruhestand gehen.

Als er 2004 zum letzten Mal entlassen wurde, wartete ein Fernsehteam des ORF auf ihn. Wieder einmal sorgte der Einbrecherkönig für Furore: Stummer war 66 und kämpfte um seine Pension. Auch ein Berufsdieb will irgendwann in Ruhestand gehen. Leider werden ihm seine 28 Arbeitsjahre hinter Gitter nicht als pensionsbegründend angerechnet. Nachdem österreichische Gerichte seine Ansprüche abgewiesen hatten, verklagte er die Republik Österreich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Nach jahrelangem Prozess ist Stummer knapp gescheitert: „Hätte nur ein Richter mehr für mich gestimmt, müssten alle Gefangenen in Europa, die in Haft arbeiten, Pension bekommen.“ Sozusagen eine Stummer-Rente.

Neugierig? – Die Lebenserinnerungen des Einbrecherkönigs als Buch

Noch nie hat ein Serien-Einbrecher seine Memoiren geschrieben. Ernst Stummer gibt erstmals Einblick in das ungewöhnliche Leben eines Menschen, der sich zwischen Gefängnis, Flucht und den vergeblichen Versuchen in einer bürgerlichen Existenz bewegt. Verblüffend, erschreckend und immer wieder auch sehr komisch!

​„Der Einbrecherkönig“ ist für 19,90 Euro beim Verlag V. F. Sammler erschienen.