Lebensgeschichte:
Schneller als Kolumbus

Wer träumt nicht davon, mit dem eigenen Schiff um die Welt zu segeln? Mathias Schlager hat jahrelang gespart, geplant und vorbereitet. Und dann ist er mit Bruder Hubert in See gestochen. Eine Reise mit Hindernissen.

Im Konvoi mit anderen Schiffen ging es durch den indischen Ozean und den Suezkanal.
© Mathias Schlager

Im Konvoi mit anderen Schiffen ging es durch den indischen Ozean und den Suezkanal.

Die Erfüllung seines Lebenstraums begann für Mathias Schlager (heute 68) mit einem Totalschaden. 20 Jahre lang hat der gelernte Maschinenbauingenieur aus Salzburg seine Weltreise mit dem Segelschiff vorbereitet. Er sparte eisern, um seine 12-Meter-Jacht mit dem Namen „Lizza Forte“ (Starke Lisl) bauen zu lassen. Und er nutzte die erste Gelegenheit, um sich pensionieren zu lassen. Im August 2008 war es soweit. Mit seinem älteren Bruder Hubert (70) lief er im norditalienischen San Giorgio aus und drei Wochen später mit dem 12 Tonnen schweren Gefährt bei Stromboli auf Grund. Ein Unterwasserfelsen hatte den Kiel eingerissen. Der Traum von der Weltumseglung schien ausgeträumt.

Aber Schlager ist ein zäher Mann. „Und ich war gut versichert“, lacht er. Die Versicherung zahlte ihm den Schaden von 65.000 Euro und eine sizilianische Werft reparierte sein geliebtes Schiff. Ein Jahr verging, dann ging es richtig los. Ende 2009 überquerten die Brüder den Atlantik. Mutterseelenzuzweit auf den endlosen Wogen des Ozeans. Es war jene Route, die einst Kolumbus reiste. „Mit 18 Tagen und 19 Stunden waren wir sogar schneller als der Amerikaentdecker“, sagt Schlager stolz. 

Bruder Hubert war „ein totaler Nichtsegler. Er wollte nur seinen kleinen Bruder nicht allein um die Welt ziehen lassen.“ Hubert war immer wieder seekrank. Mathias dachte auf dem Atlantik manchmal: „Wenn ich hier eine Blinddarmentzündung habe, bin ich dem Tod geweiht. Aber über dieses Gefühl gaunert man sich drüber.“

Tagelang sahen sie nichts als Vögel und fliegende Fische. „Man liest halt viel“, beschreibt Schlager die Einsamkeit. Die Mahlzeiten strukturieren den Tag. Morgens „ein gutes Frühstück“. Abends kochte Hubert drei Gänge. Gegessen wurde mit dem Teller in der einen Hand. Mit der anderen Hand mussten sie sich irgendwo festhalten. Dann endlich wieder Land in Sicht. Die karibische See. Mittelamerika.

„Mit 18 Tagen und 19 Stunden waren wir sogar schneller als der Amerikaentdecker.“

Hubert Schlager (rechts) begleitete seinen Bruder Matthias (links) auf der Weltumseglung.
© Mathias Schlager

Hubert Schlager (rechts) begleitete seinen Bruder Matthias (links) auf der Weltumseglung.

Wo sie festmachten, war der Zoll zur Stelle. Formalitäten ohne Ende. Am aufwendigsten am Panamakanal. „Hätten wir den Panamakanal gekauft, wäre kaum mehr Papierkram notwendig gewesen“, notiert Schlager im Logbuch. 600 Dollar kostete die Durchfahrt plus 900 Dollar Sicherstellung, eine Art Kaution. Wie hat er die laufenden Kosten finanziert? „Wir haben 2.500 Dollar pro Monat kalkuliert“, sagt Schlager. Die Hälfte ihrer Pension. Weitere 5.000 Euro und 5.000 US-Dollar verschraubten sie im Schiff – als Reserve. 

Man liest viel, wenn man so lange unterwegs ist, berichtet Matthias Schlager.
© Mathias Schlager

Man liest viel, wenn man so lange unterwegs ist, berichtet Matthias Schlager.

Weiter über den Pazifik. Immer Richtung Westen. Durchs Inselreich der Südsee. Landausflüge sorgten für willkommene Abwechslung. Auf Bali besichtigten sie eine Kaffeepflanzung. Hier wird Kopi Luwak produziert. Auch Katzenkaffee genannt. Die teuerste Kaffeesorte überhaupt. Die Bohnen werden von einem Tier gefressen und ausgeschieden, eingesammelt, gereinigt, geröstet und gemahlen. Vor Indien halfen sie einem Holländer mit Motorschaden, schleppten ihn an die Küste und entkamen nur knapp dem Gefängnis wegen illegalem Aufenthalts. 

„Hätten wir den Panamakanal gekauft, wäre kaum mehr Papierkram notwendig gewesen.“

Dann der gefährlichste Teil der Reise. Durch den indischen Ozean und den Suezkanal. Überall lauerten Piraten. „Dort würde ich heute nicht mehr fahren“, gibt Schlager zu. Sicherheitshalber fuhren sie im Konvoi mit einem Dutzend anderer Segler. Mehrfach näherten sich die Seeräuber. Immer wieder Angst. Aber nichts passierte. Im August 2010 erreichten sie wieder San Giorgio.

Mit der Durchquerung der Straße von Gibralter wurde es für die Brüder ernst. Mehrere Tage auf offener See ohne Abwechslung waren eine echte Herausforderung.
© Mathias Schlager

Mit der Durchquerung der Straße von Gibralter wurde es für die Brüder ernst. Mehrere Tage auf offener See ohne Abwechslung waren eine echte Herausforderung.

„Man kam nach Hause und war einen Kopf größer“, erinnert sich Schlager. Der Lebenstraum war verwirklicht, alle Widrigkeiten überstanden. Sowas lässt das Selbstwertgefühl anschwellen. „Wir leben hier wirklich im Schlaraffenland“, verrät Schlager seine Lektion. „In den 48 Ländern, die wir besucht haben, geht es keinem besser als uns.“

Ein Jahr fern von Zuhause. Mit seiner Ehefrau Christa fühlte es sich zunächst ein bisschen fremd an. „Wir mussten uns erst wieder annähern, das geht nicht so einfach weiter wie vorher.“ Aber wenn ihn jemand von den Segelfreunden, die ihm unterwegs zugewachsen sind, auffordern würde, bei der nächsten Weltmeerüberquerung mitzukommen: „Ich wäre sofort dabei!

Weitere Fotos der Weltumseglung in unserer Galerie.