„Der private Geldpolster wird immer wichtiger“

(Das Interview ist aus dem Jänner 2017)

Ein Eigenheim mit Garten, endlich ein neues Auto und im Winter nach Bali. So sieht der Lebensstandard vieler aus. Wer davon träumt, jetzt oder in der Pension seine Wünsche umzusetzen, sollte in einen Mix aus verschiedenen Anlageformen investieren. Denn die Vielfalt bringt den Gewinn. MEIN LEBEN sprach mit dem Ökonomen Prof. MMag. Dr. Gottfried Haber über schlaue Veranlagungsmöglichkeiten, den Geldpolster im Alter und das Schreckgespenst Aktie, das eigentlich gar keines mehr ist.

Um seinen Lebensstandard zu halten, rät Gottfried Haber zur privaten Vorsorge
© Helge Bauer

Um seinen Lebensstandard zu halten, rät Gottfried Haber zur privaten Vorsorge

MEIN LEBEN: Wir leben in sich schnell verändernden Zeiten. Was heute noch als selbstverständlich gilt, könnte sich bald grundlegend verändern. Wie wichtig ist da ein privater Geldpolster?
Univ.-Prof. MMag. Dr. Gottfried Haber:
Das wird immer wichtiger in den nächsten Jahrzehnten. Die öffentlichen Pensionssysteme werden ihre Basisabsicherung für das Alter leisten können, aber eben nur die Basisabsicherung. Wer seinen Lebensstandard halten will, wird um eine private Vorsorge nicht mehr herumkommen. Es lassen sich dabei zwei Megatrends beobachten. Megatrend eins: Mehr veranlagen und selber versorgen. Megatrend zwei, aus meiner Sicht: Ein Fokus auf langfristige Veranlagung und einen guten Mix in der Veranlagung.

Risikobereitschaft und Flexibilität hängen stark von der eigenen Lebenssituation ab.
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Risikobereitschaft und Flexibilität hängen stark von der eigenen Lebenssituation ab.

ZUR PERSONA

Gottfried Haber wurde 1972 in Wien geboren und studierte Volks- und Betriebswirtschaft an der Universität Wien, wo er 2000 zum Doktor der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften promovierte. Seit 2012 hat er eine Universitätsprofessur an der Donau-Universität Krems inne für die Bereiche „Management im Gesundheitswesen“ und „Wirtschaft- Budget- und Finanzpolitik“. Er führte Beratungstätigkeiten unter anderem für das Finanz- und Wirtschaftsministerium oder die UNIDO durch. Zu seinen Fachgebieten zählen die Wirtschaftspolitik, Geld- und Finanzmärkte, Risk Management und Unternehmensführung.  

www.haber.at

MEIN LEBEN: Was macht einen „guten Mix“ in der Veranlagung aus?
Dr. Haber:
Es kommt auf die Vielfalt in der Veranlagung an. Vielfalt führt durch Risikostreuung zu einem geringeren Gesamtrisiko. Da gehört das Erwerben von Immobilien und das Bausparen genauso dazu, wie das Veranlagen auf Finanzmärkten in Form von fondsgebundenen Lebensversicherungen, etwa der Voll:Wert von Wüstenrot. Es sollte also zunächst ein Mix in den grundsätzlichen Verlangungsformen geschaffen werden und dann innerhalb der Finanzveranlagungen ein Mix aus Aktien und Anleihen.

MEIN LEBEN: Wie finde ich individuell das richtige Verhältnis für mich heraus?
Dr. Haber:
Hier sind ein paar Fragen wichtig. In welcher Lebenssituation bin ich? Habe ich andere Veranlagungen und wie sehen diese aus? Veranlage ich für ein paar Jahre oder will ich langfristig ansparen? Daher kann man nicht pauschal sagen, wer welche Anlagestrategie verfolgen sollte. Man kann aber schon sagen, dass risikoarme Formen, also mit weniger Aktienanteil, solide aber nicht überbordende Rendite erwarten lassen. Varianten mit mehr Aktienbeimengung sind etwas für jemanden, der ein paar Jahre im Kopf hat und nicht kurzfristig auf sein Vermögen zugreifen muss. Wenn ich da flexibel genug bin, bin ich der Typ für dynamischere Varianten, die auch höhere Renditen in Aussicht stellen.

„Private Geldpolster werden immer wichtiger. Die öffentlichen Pensionssysteme werden nur die Basisabsicherung leisten.“

MEIN LEBEN: Bedeutet denn Flexibilität auch mehr Risiko?
Dr. Haber:
Risiko heißt, ich habe unter Umständen größere Schwankungen, die bei meiner Veranlagung auftreten. Und die muss ich durchtauchen können – sowohl von meiner finanziellen und privaten Situation, als auch von meiner emotionalen Struktur. Ich muss also damit leben können, dass es mal nicht bergauf gegangen ist, vielleicht sogar ein gewisser Wertverlust eingetreten ist. Aber der kann dann in zwei oder drei Jahren vielleicht wieder in einen Gewinn umschlagen. Da muss man für sich entscheiden, was man aufgrund der eigenen Lebenssituation machen kann und will. Lieber mehr zu erwartende Rendite bei größerer Unsicherheit oder lieber mehr Flexibilität und jederzeit Zugriff auf mein Vermögen, aber dafür eine geringere zu erwartende Rendite.

Ein Mix aus Anleihen und Aktien ist aus heutiger Sicht die optimale Anlageform für ein gutes Geldpolster
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Ein Mix aus Anleihen und Aktien ist aus heutiger Sicht die optimale Anlageform für ein gutes Geldpolster

MEIN LEBEN: Sie sprechen von Aktienanteilen. Viele denken dabei an Verluste und hohes Risiko. 
Dr. Haber:
Früher hat man gesagt, Anleihen sind sicher und Aktien sind unsicher. Jetzt sind wir drauf gekommen, dass Anleihen, die eine Art Kredit darstellen, nicht unbedingt sicherer sein müssen als der physische Anteil an einem Unternehmen. Gerade in den letzten Jahren der Wirtschaftskrise haben Aktien an Vertrauen gewonnen. Auf Grund des aktuellen Niedrigzinsniveaus beobachten wir einen sehr starken Trend, dass von Anlegern ein höherer Aktienanteil gewünscht wird. Das heißt, ein Mix ist das, was man aus heutiger Sicht empfehlen kann, um sich einen guten Geldpolster für seine Wünsche zu schaffen. 

Danke für das Gespräch, Herr Prof. Dr. Haber!

Lesetipp: 
Was du beachten solltest, wenn du wärend der Pension weiterarbeitest liest du in unserm Artikel Dazuverdienen im Alter – Wo liegen die Grenzen