Tractor Pulling:
„Eintagsfliegen haben keine Chance“

Riesige Traktoren schleppen tonnenschwere Lasten über die Piste: Beim Tractor Pulling geht PS-Liebhabern das Herz auf. Hubert Strengberger hat seine Zugmaschine selbst gebaut und liebt das Zusammenspiel von unbändiger Kraft und Feingefühl.

Die Kosten für ein Zugfahrzeug im Eigenbau übersteigen schnell die Grenze von 100.000 Euro. Ein teurer Sport.
© Hubert Strengberger

Die Kosten für ein Zugfahrzeug im Eigenbau übersteigen schnell die Grenze von 100.000 Euro. Ein teurer Sport.

Drei Mal im Jahr – öfters kann Hubert Strengberger (57) seinen Lieblingssport nicht ausleben. Umso spektakulärer geht es zu, wenn in Hargelsberg (Oberösterreich), Sittersdorf (Kärnten) und Rappolz (Niederösterreich) die Meisterschaftsläufe im Tractor Pulling aufgerufen werden. Eine Spedition transportiert Strengbergers Traktor samt Bremswagen per Tieflader zur Wettkampfstätte. Ein Wochenende lang fechten die Teams untereinander die Frage aller Fragen aus: Wer hat den stärksten Traktor?

Das klingt nach Bubenträumen, nach ewigem Spieltrieb, nach Dieselduft und nach Motoröl an den Händen und in den Klamotten. Tractor Pulling, zu deutsch Traktorschleppen, entstand in den USA der vierziger Jahre aus der Tradition des Horse Pulling. Die Landwirtschaft wurde zunehmend mechanisiert und die Bauern wollten wissen, welcher Traktor die Nase vorn behält. Heute ist Tractor Pulling ein Volkssport, in dem nicht nur Landwirte ihre Kräfte messen.  

Das klingt nach Bubenträumen, nach ewigem Spieltrieb, nach Dieselduft und nach Motoröl.

 

Nur etwa zehn Sekunden dauert eine Schleppfahrt. Fehler darf es aufgrund der schwierigen Farhbahn nicht geben.
© Hubert Strengberger

Nur etwa zehn Sekunden dauert eine Schleppfahrt. Fehler darf es aufgrund der schwierigen Farhbahn nicht geben.

Hubert Strengberger ist Kfz-Techniker und führt seit zwei Jahrzehnten eine eigene Werkstatt in Kronstorf bei Steyr in Oberösterreich. Er liebt seine Arbeit. Deshalb bastelt er „in den Freizeitstunden“ an seinem Traktor. Alles Eigenbau, versteht sich. „Jede Schraube drehe ich selber ein“, sagt er. Einen Traktor „von null auf“ selber zu erschaffen, dauert im Schnitt zwei Jahre. Für die Ehefrau eine Geduldsprobe. „Dass Frauen daran keine Freude haben, ist ja klar“, gibt Strengberger zu. Der älteste Sohn (31) teilt die väterliche Traktorenleidenschaft. Der Jüngere (29) hat schon immer lieber gelesen und später studiert. 

An die 100.000 Euro kosten die Materialien für das Zugfahrzeug. Der Aufwand an Arbeitsstunden lässt sich nicht beziffern. Ein kostspieliges Hobby also, als Golfspieler würde Strengberger womöglich billiger durch die Freizeit kommen. Ihn aber fasziniert es, zu erkunden, „wo die Grenzen der Technik liegen und wie viel Kraft man in den Boden stecken kann“. 

„Jede Schraube drehe ich selber ein“

Tractor Pulling wirkt auf den ersten Blick martialisch, ist jedoch eine filigrane Kunst, versichert Strengberger. „Auf dem Fahrersitz ist viel Feingefühl notwendig. Man lernt, dass Kraft nicht alles ist.“ Mit der Empathie eines Uhrmachers muss der Traktorführer die Bodenbeschaffenheit einschätzen und die Schlaglöcher auf der rund 100 Meter langen und zehn Meter breiten, vorzugsweise lehmig-festen Fahrbahn berücksichtigen. Hinter der Zugmaschine hängt ein mit bis zu fünf Tonnen schweren Gewichten beladener Bremswagen, den der Traktor möglichst weit schleppen muss. Eine Schleppfahrt dauert zehn Sekunden. Hier triumphiert das Fingerspitzengefühl.

 

Für die Sicherheit der Fahrerinnen und Fahrer sowie des Publikums tragen strenge Sicherheitsvorkehrungen Sorge.
© Hubert Strengberger

Für die Sicherheit der Fahrerinnen und Fahrer sowie des Publikums tragen strenge Sicherheitsvorkehrungen Sorge.

Jeder Fehler rächt sich erbarmungslos. Jaulend fährt der Traktor an. In der rahmenverstärkten Kabine sitzt der Fahrer mit Helm und Visier. Die Vorderräder bäumen sich auf, aus senkrechten Auspuffrohren schießt schwarzer Qualm. Bisweilen fängt der Motor schon nach wenigen Metern Feuer, Stichflammen fauchen und mit lautem Knall fliegt die Motorhaube davon. Mit etwas Pech fällt die Zugmaschine auf die Seite.

„Man lernt, dass Kraft nicht alles ist.“

Menschen kommen dabei eigenartiger Weise so gut wie nie zu Schaden. Strengberger kann sich an kein Opfer je erinnern. „Dazu sind die Sicherheitsvorkehrungen zu streng überwacht.“ Tractor Pulling ist ein Nischensport. Gerade mal hundert Mitglieder zählt die Österreichische Tractor Pulling Organisation (ÖTPO), in deren Vorstand Strengberger den Obmann gibt. 

 

Die in Handarbeit gebauten Zugmaschinen ziehen bis zu fünf Tonnen schwere Gewichte.
© Hubert Strengberger

Die in Handarbeit gebauten Zugmaschinen ziehen bis zu fünf Tonnen schwere Gewichte.

Traktorschleppen ist eben eine Disziplin, die viel Aufwand und noch mehr Geld erfordert. Denn „die Prämien wiegen die Kosten nicht auf“, verrät Strengberger. Ein Turniersieger bekommt gerade mal 800 Euro ausbezahlt. „Das reicht für Benzin und die Anreise.“ Manche Tractor Puller suchen sich Sponsoren – bei Zulieferunternehmen oder Versicherungen. „Ich habe meine Sponsoren nach ein paar Jahren wieder gelassen“, erzählt Strengberger. Bis zu 4.000 Euro kassierte er jährlich pro Sponsor. „Es wurde mir aber zu viel dreingeredet.“

Ohnehin ist das Wichtigste für einen erfolgreichen Tractor Puller das Durchhaltevermögen. „Du musst sehr widerstandsfähig sein und Ausdauer zeigen. Bis du vorne bist, dauert es lange. Eintagsfliegen haben keine Chance.“