Ich will eine Welt hinterlassen, die es wert ist, auf ihr zu leben

Peter Windischhofer gründete 2017 gemeinsam mit Jürgen Riedl und Kilian Kaminski das Start-up refurbed. Es ist heute der am schnellsten wachsende Marktplatz für erneuerte Produkte im deutschsprachigen Raum. Was ihn antreibt? Nachhaltigkeit.

(Interview aus dem April 2020)

Peter Windischhofer gründete Refurbed in 2017

Peter Windischhofer gründete Refurbed in 2017

Alles begann mit einem Ärgernis. Ende 2016 kaufte sich Peter Windischhofer ein gebrauchtes iPhone, das nach kurzer Zeit kaputt ging. Weil das Gerät keine Garantie hatte, blieb er auf den Kosten sitzen. Der 29-Jährige war damit unzufrieden und kam einen Monat später auf eine Geschäftsidee, die heute mehr als 150.000 Kunden in Österreich, Deutschland, Italien und Polen begeistert: einen Online-Marktplatz für Händler, die gebrauchte technische Geräte rundum erneuern und weiterverkaufen. Das fängt an bei Handies, Laptops und Tablets und reicht bis zu Küchen- und Haushaltgeräten wie Staubsaugern. „Ich dachte, es wäre gut, ein generalüberholtes Technikprodukt mit Rückgaberecht und Garantie anzubieten, das aussieht und funktioniert wie neu, aber nachhaltiger und günstiger ist als ein neues Produkt”, erinnert sich Windischhofer.

Nur eine Woche reichte ihm für die Recherche: Er hatte eine Marktücke entdeckt. Im Februar 2017 startete er eine Online-Plattform für erneuerte Technikprodukte. Einen Monat später ging das erste erneuerte Smartphone an einen Kunden. Im Sommer 2017 gründete er dann gemeinsam mit Kilan Kaminski und Jürgen Riedl das Start-up refurbed (Englisch für erneuert). Heute ist refurbed eine der am schnellsten wachsenden Plattformen für generalüberholte Produkte in Europa. Gerade sicherte sich das Wiener Unternehmen für weiteres Wachstum ein Investment in der Höhe von 15,6 Millionen Euro – und das mitten in der Coronakrise. Peter Windischhofer hat mit seiner Idee einen Nerv getroffen. Gemeinsam mit Kilian Kaminski steht er inzwischen auf der exquisiten Rangliste „30 under 30 Europe“ des renommierten Wirtschaftsmagazins Forbes.
 

Keine Scheu vor dem Risiko

Angst vor dem Scheitern hatte er nie. Gefragt nach dem Risiko, das mit der Gründung eines Start-ups verbunden ist, schmunzelt der BWLer. „Darüber habe ich nicht nachgedacht. Ich schaue nicht auf das Risiko, so denke ich nicht“, erzählt Windischhofer. Was ihn antreibt: Er will testen, was möglich ist. So war er schon immer und genau das brachte ihn voran. Als Jugendlicher beschloss er, dass er mehr von der Welt sehen will, als sein Heimatdorf Münzbach, eine Marktgemeinde in Oberösterreich im Bezirk Perg.

Er bewarb sich bei allen möglichen österreichischen Botschaften im Ausland um ein Praktikum – eigentlich ein aussichtsloses Unterfangen für einen Matura-Absolventen. Doch er bekam eine Zusage für Tokio. „Es gab keine anderen Bewerber. Ich war der einzige, der so mutig und blauäugig war“, erinnert er sich. So verbrachte er im Alter von 18 Jahren zwei Monate in der größten Stadt der Welt, fand sich in einer fremden Kultur wieder und saß plötzlich statt im Klassenraum in Konferenzen. Das hat ihn geprägt. „Man muss es nur wollen, dann kann man alles erreichen“, ist Windischhofer überzeugt.

Aus Fehlern lernen

Mit einer Einschränkung: Ohne die richtigen Leute klappt es auch beim besten Willen nicht. Diese Lektion lernte er schmerzlich in Schanghai. In der chinesischen Millionenmetropole zog er mit 24 Jahren während eines Studienaufenthalts sein erstes Start-up auf. Es ging um Online-Tools für Chinesisch-Kurse. Doch nach ein paar Monaten entschied er, auszusteigen. „Die Idee war gut, aber das Team hat nicht funktioniert“, erzählt er.

Windischhofer ließ das Projekt hinter sich und machte seinen Master in International Business in San Francisco. Nach seinem Uni-Abschluss führte ihn ein Jobangebot zurück nach Österreich und er fing als E-Commerce-Consultant bei der Beratungsfirma McKinsey & Company an. Der Wunsch, etwas Eigenes – am liebsten Nachhaltiges – aufzubauen, ließ ihn aber nicht mehr los.

Auf die richtigen Leute setzen
 

Peter Windischhofer mit Partnern: Jürgen Riedl (links) und Kilian Kaminski (Mitte)

Peter Windischhofer mit Partnern: Jürgen Riedl (links) und Kilian Kaminski (Mitte)

Mit refurbed gelang es ihm, eine gute Idee mit dem richtigen Team zu verwirklichen. Peter Windischhofer kannte seine zukünftigen Mitgründer bereits und wusste, dass sie seine Begeisterung teilen würden und die richtigen Kompetenzen beisteuerten. Mit dem Hamburger Kilian Kaminski, den er in Schanghai kennen lernte, holte er sich einen Refurbished-Experten mit an Bord. Als Leiter des Certified Refurbished Programs bei Amazon war Kaminski es leid, dass die oberste Geschäftsebene diesen nachhaltigen Produkten wenig Priorität einräumte. Sofort war klar, dass er einsteigen würde.  

Mit Jürgen Riedl gewannen die beiden Gründer noch einen IT-Spezialisten dazu, der schon bei mehreren internationalen Start-ups als technischer Leiter gearbeitet hatte. „Wir ergänzen uns im Führungsteam sehr gut. Wir haben alle drei in unserem Bereich sehr viel Erfahrung“, betont Windischhofer. Die drei sind sich einig über den Weg und das Ziel. Windischhofer weiß, dass das der wichtigste Erfolgsfaktor ist.

Das Start-up-Team macht, was es am besten kann: Marketing und Kundenservice. Die Händler auf dem Marktpatz wiederum sind absolute Experten auf ihrem Gebiet, oft sind sie auf eine Produktart oder eine Marke spezialisiert. Sie bestimmen auch den Preis für die aufgearbeiteten Produkte. Bereits ein halbes Jahr nach der Gründung bekam das Start-up das erste Investment im Volumen von 250.000Euro von den Venture Capital Funds Startup300 und Speedinvest sowie von den Business Angels. Im März 2019 folgte die nächste Finanzspritze von zwei Millionen Euro, eines der größten Investments in so einem frühen Unternehmensstadium, das es in Österreich bis dahin gab. Das Investment half refurbed seine Marktposition weiter zu stärken und das Produkt weiterzuentwickeln. Mittlerweile hat refurbed 30Mitarbeiter.

Er hat keinen Plan B

Groß zu denken und sich von Risiken nicht einschüchtern zu lassen – das hat sich Peter Windischhofer auch bei seinen früheren Mc-Kinsey-Kunden aus dem E-Commerce-Bereich abgeschaut. Er will seine „dritte Zustandskategorie“ bei Technikprodukten – neben neu und gebraucht ist das erneuert – zum Erfolg führen. „Das schlimmste, was mir hätte passieren können, war, dass es nicht klappt und ich mir einen neuen Job suchen muss“, sagt er. Doch er vertraute seiner Idee viel zu sehr, als dass er überhaupt über einen Plan B nachgedacht hätte. Die Kündigung bei McKinsey fiel ihm nicht schwer. „Wir wollen der größte Marktplatz für refurbished-Produkte in Europa werden. Unsere Vision ist, dass in jedem europäischen Haushalt mindestens ein refurbed-Elektronikgerät steht und diese zu Alltagsgegenständen werden“, erklärt der E-Commerce-Experte. Und weiter: „Außerdem wollen wir einen nachhaltigen Beitrag für die nächste Generation leisten, indem wir die Möglichkeit bieten, erneuerte Produkte zu kaufen.“

Einen lebenswerten Planeten hinterlassen
 

Die Startseite von Refurbed

Die Startseite von Refurbed

Weltweit entstehen etwa 45 Millionen Tonnen Elektromüll pro Jahr. Allein in Österreich fallen jährlich 83.074 Tonnen Elektroschrott an, davon werden rund 25 Prozent recycelt. Die internationale Recycling-Quote liegt bei rund 30 Prozent. Denn die Wiederaufbereitung ist kompliziert und rechnet sich wirtschaftlich kaum. Moderne Geräte enthalten immer komplexere Bestandteile. Und neben vielen wertvollen Rohstoffen wie Gold oder Silber steckt auch Gesundheitsschädliches wie giftige Bleiverbindungen, Chrom, Quecksilber und viele weitere Giftstoffe im Elektromüll.

Peter Windischhofer will dem etwas entgegensetzen. In einer gemeinsamen Analyse mit der unabhängigen Beratungsagentur Quantis fanden die refurbed-Gründer heraus, dass Refurbishment die CO2-Emissionen um 70 Prozent gegenüber der Neuproduktion eines Gerätes reduziert. Die restlichen 30 Prozent Emissionen gleicht refurbed aus, indem es pro verkauftem Gerät zusammen mit der Nichtregierungsorganisation Eden Reforestation Projects einen Baum pflanzt – in Haiti, Nepal oder Madagaskar. „Mir war schon immer wichtig, dass ich mein Potenzial für etwas einsetze, das einen gesellschaftlichen Mehrwert hat. Ich will eine Welt hinterlassen, die es wert ist, auf ihr zu leben. Und ich will auch selbst noch in so einer Welt leben“, sagt Peter Windischhofer.

Auch du denkst, es muss nicht immer alles neu sein? Wenn du auf mehr Nachhaltigkeit in deinem Leben achtest, hast du vielleicht auch Lust, aus Gebrauchtem etwas Neuwertiges zu machen? Fang doch mit deinem Zuhause an. Wüstenrot unterstützt dich dabei. Mit dem Mein GeldDarlehen kannst du nicht nur einen neuen Swimmingpool sondern auch Renovierungen oder Sanierungsmaßnahmen finanzieren.