Österreicher sind erfindungsreich – das zeigen wir in unserer Serie „Invented in Austria“. Folge 6 dreht sich um den Brauereibesitzer Anton Dreher senior. Mit einer neuen Braumethode hat er die Trinkgewohnheiten der Österreicher grundlegend verändert und dem Lagerbier zum Siegeszug verholfen.

Tradition neu interpertiert – von österreichischen Privatbrauereien: untergäriges Lagerbier
Aus dem 11. Bezirk in Wien führt die Dreherstraße in die kleine Stadtgemeinde Schwechat südöstlich der Hauptstadt. Sie erinnert an den Mann, der eine neue Ära des Bierbrauens einläutete und die Schwechater Brauerei in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts zur größten des europäischen Festlandes machte.
Handwerk und Wissbegier

Erfolg durch Innovation: Anton Dreher senior, *1810 +1863
Schon bevor Anton Dreher 1836 die Leitung des elterlichen Unternehmens – der Brauerei Schwechat – übernahm, stand sein Leben ganz im Zeichen des Bieres. Seine Lehre zum Brauherren hatte er erfolgreich absolviert, nun wollte er sich in der Technik des Bierbrauens weiterbilden und brach voller Tatendrang zu Studienreisen durch Europa auf. In Bayern traf er Gabriel Sedlmayr, den Sohn des Spatenbräu-Besitzers. Gemeinsam zogen die beiden Wissbegierigen 1833 über Holland und Belgien nach England. Dank der frühen Industrialisierung auf der Insel waren die englischen Bierbrauer der Konkurrenz auf dem Festland technisch überlegen, und englisches Bier genoss den besten Ruf.
Die beiden Jungbrauer lernten den Gebrauch des Saccharometers (Zuckermessgerät), mit dessen Hilfe eine kontrollierte Gärführung möglich war, und verschafften sich mit teilweise unorthodoxen Methoden Gärproben aus Brauereien in England und Schottland. Es zeigte sich, dass beim englischen Mälzungsverfahren die langsame und kontrollierte Gärung zu einer besseren Bierqualität führte: Im Gegensatz zur im übrigen Europa vorherrschenden obergärigen Methode setzt sich bei der untergärigen Variante die Hefe nach dem Gärprozess am Boden ab. Das englische Bier war klarer und länger haltbar.
Der Schlüssel zum Erfolg: Gute Kühlung

Klein-Schwechater Brauhaus (heute: Brauerei Schwechat)
Bekannt war das untergärige Verfahren, das ursprünglich aus Bayern stammte, zwar schon seit mehr als 400 Jahren, doch haperte es an der Umsetzung. Zurück in Österreich experimentierte Anton Dreher weiter mit der neu entdeckten Methode. Er erkannte, dass das Geheimnis in der langen Reifung bei niedrigen Temperaturen lag. Doch wie sollte er Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt bewerkstelligen zu einer Zeit, als es noch keine Kühlmaschinen gab? Anton Dreher investierte. Er legte riesige Keller an, die er im Winter mit Natureis füllte. So konnte das Bier auch in der wärmeren Jahreszeit kühl lagern – daher die mittlerweile weltweit gebräuchliche Bezeichnung „Lager“.
1841 hatte der Unternehmer das Verfahren so weit verfeinert, dass er das „Klein-Schwechater Lagerbier“ auf den Markt brachte – das den Österreichern sehr gut mundete. Wenig später zog sein einstiger Reisegefährte Sedlmayer mit einem eigenen Lagerbier nach, das dunkler und süßer war als die malzig-rötliche Variante, für die Dreher berühmt wurde.
Innovation und Expansion

Diese Dampfmaschine wurde 1856 für die Dreher'sche Brauerei in Klein-Schwechat gebaut.
Die Nachfrage nach Drehers neuem Produkt war so groß, dass der Unternehmer 1850 als zweiter Bierbrauer in der k.u.k.-Monarchie eine Dampfmaschine zum Brauen einsetzte. Diese steht heute im Technischen Museum in Wien. In den folgenden Jahren entwickelte sich die Schwechater Brauerei zur größten Brauerei in Kontinentaleuropa. Anton Dreher kaufte kleinere Brauereien hinzu. Neben dem wirtschaftlichen Erfolg wurde ihm auch Ehre von höchster Stelle zuteil: Am 26. November 1861 besuchte Kaiser Franz Josef I. das Brauhaus Schwechat und zeichnete Anton Dreher mit dem Ritterkreuz des Franz-Josef-Ordens aus.
Dreher starb 1863. Sein Sohn Anton Dreher junior führte die Geschäfte des Vaters mit dem gleichen Innovationsdrang fort: Als der deutsche Ingenieur Carl von Linde 1877 das Kaiserliche Patent für die von ihm entwickelte Kältemaschine erhielt, war Anton Dreher junior der erste Kunde. Seit 1978 ist die Brauerei Schwechat im Besitz der Brau Union Österreich und gehört damit heute zum Heineken-Konzern.
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